Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Türen öffnen sich in der Adventszei­t

- Von Matthias Ebinger, evangelisc­her Klinikpfar­rer Bad Saulgau

Der Weg durch den Advent am Beginn des Kirchenjah­rs kommt mir vor, als würde ich zunächst einmal durch ein paar Räume gehen und dabei verschiede­ne Bilder betrachten, die in ihrer Art und Unterschie­dlichkeit von der Ankunft und der Bedeutung des neugeboren­en Jesus erzählen. Bei diesem Gang durch die Räume begegnet mir jeweils ein Bild, das das Motiv eines Adventslie­des aufnimmt und wiedergibt.

In einem ersten Raum sehe ich eine große Flügeltüre, die aufgeht. Es ist das Lied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“abgebildet. Mit diesem Lied beginnen wir gewöhnlich die Adventszei­t. Durch die Tür, die sich öffnet, sehe ich, dass aus der Ferne eine Gestalt naht und bald erscheint, ein Heiland, wie es in dem Lied heißt, einer, der heilen kann, was zerbrochen ist. Er wird als ein Helfer bezeichnet und als gerecht beschriebe­n, da er es vermag, unsere Not mit uns zu teilen und sie auch zu einem Ende zu bringen, einer, bei dem Trost und Rat zu finden ist. In einem anderen Raum ist ein großes Schiff mit weit ausgespann­ten Segeln zu sehen. Es erzählt von dem Lied: „Es kommt ein Schiff geladen.“

Von seiner Fahrt über das Meer bringt es eine Fracht von Gütern an Land, die im Alltag knapp sind. So wie es in früheren Zeiten Pfeffer und Gewürze waren, bringt es uns heute beispielsw­eise Liebe und Frieden, die wir Menschen brauchen. Dieses Schiff mit seiner kostbaren Ladung bringt uns auf den Geschmack dafür, dass Jesus in seinem Leben von Liebe gesprochen, aus ihr gelebt, uns Frieden zugesproch­en und uns Geliebte genannt hat. In einem weiteren Raum sehe ich einen Himmel mit Wolken verhangen.

Hier ist das Lied und die Bitte: „O, Heiland, reiß die Himmel auf“im Bild aufgenomme­n. Der trübe und verhangene Himmel öffnet sich allmählich. Neues Licht bricht durch, erhellt und wärmt die Erde. Es besteht Aussicht auf Veränderun­g. Advent bedeutet ja: Ankunft. Es ist etwas unterwegs. Eine Zeit beginnt, in der ich spüre, das Leben könnte auch anders sein – heller, wärmer, freundlich­er. Das hat mit dem Kind zu tun, das unterwegs ist und dessen Geburt wir wieder an Weihnachte­n feiern. In ihm macht Gott sich klein, um uns nahe zu kommen. Er teilt unser Menschsein in der Geschichte von Jesus und zeigt uns, wie wir menschlich leben können. Um das wieder erfassen zu können, schätze ich die alten Bilder und Lieder des Advents sehr. Sie erzählen von Hoffnung, die mit dem Neugeboren­en verbunden ist. Sie enthalten einen Schlüssel, um beispielsw­eise den Geist der Liebe, des Trosts und des Friedens wieder entdecken zu können.

Ich möchte mich in diesen Wochen des Advents gerne daran erinnern lassen und bedenken: Türen öffnen sich. Ein kostbare Fracht ist unterwegs und kommt an. Der Himmel beginnt, sich zu öffnen. Es tut gut, an der Hoffnung festzuhalt­en.

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