Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Klopp wäre die Königslösung
Präsident Bernd Neuendorf ist eigentlich Politiker. Er war einst Landesgeschäftsführer der SPD in Nordrhein-Westfalen, danach Staatssekretär im Kultusministerium. Beide Ämter bekleidete er fünf Jahre, bevor er eine Karriere als Sportfunktionär einschlug. Der Mann weiß, wie man anderen Personen geschickt Bälle zuspielt, die sie gar nicht verwerten können, und dann am Ende der Fehlerkette schlecht aussehen.
Schlechte Karten also für DFBDirektor Oliver Bierhoff und Bundestrainer Hansi Flick, die aufgefordert wurden, nächste Woche intern ihre sportliche Analyse zu präsentieren. Nach Tagen, die sie im Fegefeuer der medialen Kritik schmoren müssen, werden sie ihre Jobs wahrscheinlich nicht retten können. Diese Aufarbeitung, so Neuendorf, müsse „die Entwicklung der Nationalmannschaft und unseres Fußballs seit 2018“enthalten. Und die fällt vor allem bei Bierhoff, seit 2004 im Amt, in diesem Zeitraum negativ aus.
Und nun? Wer soll es machen? Wer kann es machen? Natürlich hätte Flick, der Sieben-Titel-Trainer des FC Bayern, die sportliche Kompetenz. Seine verständnisvolle Art, ein Team zu führen à la Jupp Heynckes, kommt bei den Spielern gut an. Aber kann er anderthalb Jahre vor der Heim-EM auch Hoffnung und Aufbruchstimmung verbreiten? Oder – man traut sich das Wort im Zusammenhang mit der Nationalelf kaum zu nutzen – Euphorie? Erstens unter den Spielern, zweitens – vielleicht noch wichtiger: im Lande. Bei den Menschen, die sich über die letzten Jahre von der Mannschaft, die ja gar nicht „Die Mannschaft“heißen soll, entfremdet haben, weil das Marketing-Gebaren überhandnahm.
Genau diesen neuen Schwung – Bierhoff würde sagen „Drive“– braucht der angeschlagene DFB jetzt. Neuendorf will „Perspektiven für die Zeit nach dem Turnier mit dem Blick auf die EM im eigenen Land“. Dafür braucht es neue Gesichter, frische Ideen, kluge Köpfe. Und gute Typen. Einen echten Neuanfang. Jürgen Klopp wäre hierfür die Königslösung. Dem Hilferuf seines Heimatlandes zu folgen, würden dem Coach wohl nicht mal die Fans des FC Liverpool übelnehmen.