Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Deutliche Indizien für Tachobetrug
Fast jeder dritte Gebrauchtwagen wird mit manipuliertem Kilometerstand verkauft
Bei jedem dritten in Deutschland verkauften Gebrauchtwagen stimmt der Kilometerstand nicht, so ADAC und Polizei. „Eine geringe Laufleistung und ein vergleichsweise günstiger Preis können ein erster Hinweis sein“, sagt Gert Schleichert vom Auto Club Europa (ACE). Auch verwohnte Innenräume bei vorgeblich geringer Laufleistung sollten skeptisch machen.
„Meiner Meinung nach fällt die Manipulation von Tachoständen in der Regel über Unstimmigkeiten in der Dokumentation auf “, sagt Thorsten Rechtien vom TÜV Rheinland. Zu 100 Prozent könnten sich Autofahrer vor dem Betrug allerdings nicht schützen.
Lassen sich bei älteren Autos mit einer mechanischen Tachowelle noch die Kilometerstände zurückdrehen, funktioniere das bei neueren nur mit digitalen Hilfsmitteln, so Schleichert: Profis mit Computerkenntnissen können über digitale Schnittstellen zum Auto die Tachoanzeige manipulieren. Oft passiere dies bei Fahrzeugen, die überdurchschnittlich viel gefahren werden, etwa von Außendienstlern. Im Schnitt fahre ein Auto in Deutschland rund 12 000 Kilometer im Jahr.
„Ein genauer Blick auf die Reparaturrechnungen oder ins Serviceheft lohnt immer. Dort sind die Wartungsintervalle, Kilometerleistung und das Datum vermerkt“, sagt Ulrich Köster vom Deutschen Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Auch auf Protokollen der Haupt- und Abgasuntersuchung (HU) werden Kilometerstand und Laufleistung eingetragen, ebenso auf Ölwechsel-Aufkleber oder -Anhänger am Fahrzeug. Sehen allerdings in einem alten Serviceheft alle Stempel und Eintragungen gleich neu aus, ist Vorsicht geboten.
Dokumente einsehen
Deshalb bringt nur eine tief gehende Recherche Klarheit über den wahren Tachostand. Dazu gehört die Kontrolle von Belegen oder Ölkarten im Motorraum beziehungsweise dem kleinen Aufkleber auf der A-Säule. Steht darauf, dass der nächste Wechsel in über 50 000 Kilometer fällig ist, kann etwas nicht stimmen. Denn üblicherweise wird ein Ölwechsel spätestens nach 30 000 Kilometern, in seltenen Fällen nach 40 000 Kilometern, fällig. Ein Anruf beim Vorbesitzer des Verkäufers gibt Auskunft darüber, mit wie viel Kilometern er sein Auto verkauft hat. Der Name steht in der Zulassungsbescheinigung Teil II.
Tachomanipulationen sind für Käufer nicht nur teuer, sie können auch Motorschäden herbeiführen. Etwa wenn die anstehende Wartung mit einem Bauteilwechsel nicht eingehalten wird. Der Betrug gilt auch als Straftat. Kommt die Fälschung heraus, rät Köster zur Strafanzeige gegenüber den Fälschern und wenn möglich einen entsprechenden Schadenersatz vom Verkäufer des Fahrzeugs zu fordern.
Speicherdaten auslesen
Eindeutige Beweise für Manipulationen können digitale Hilfsmittel wie spezielle Adapter für die Schnittstelle der Fahrzeugdiagnose liefern. Die sitzt meist in der A-Säule auf der Fahrerseite und hat direkten Zugriff zur Bordelektronik. Mit speziellen Apps lässt sich überprüfen, ob die Airbags bei einem Unfall ausgelöst wurden. Auch können Apps Daten über Kilometerstände, Wegstrecken und Fehlerspeicher ablesen.
Eine Fachwerkstatt kann einen Betrug aufdecken, indem sie den Fehler- und Wartungsintervall-Speicher ausliest. Damit lassen sich die mitprotokollierten Kilometerstände mit dem im Tacho angezeigten Stand vergleichen. So kann auch der Produktionszeitraum von Tacho und Steuergerät ermittelt werden. (dpa)