Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Ein massiver Eingriff in die Grundrechte“
BERLIN - Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt: PsychiatriePatienten dürfen künftig nur noch fixiert werden, wenn ein Richter zustimmt. Rudolf Henke, CDUGesundheitsexperte und Vorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund und Präsident der Ärztekammer Nordrhein (Foto: dpa), spricht mit Tobias Schmidt über den Richterspruch aus Karlsruhe.
Herr Henke, ist das Urteil zur Fixierung ein nötiger Schritt?
Es ist richtig und wichtig, dass das Bundesverfassungsgericht den richterlichen Genehmigungsvorbehalt so betont. Wir Ärzte wollen nicht, dass der Eindruck entsteht, die Psychiatrie sei ein außergesetzlicher Raum. Wir brauchen das Vertrauen der Patientinnen und Patienten, vor allem dann, wenn sie psychisch erkrankt sind. Jede länger andauernde Fixierung ist ein massiver Eingriff in die Grundrechte, der eine besondere Rechtfertigung erfordert. Darüber sollten nicht Ärzte sondern Richter entscheiden. Ich begrüße das Urteil voll und ganz.
In Großbritannien werden aggressive Psychiatrie-Patienten mit Medikamenten ruhiggestellt, anstelle sie zu fixieren. Wird die medikamentöse Ruhigstellung auch in Deutschland zunehmen?
Ich hoffe sehr, dass es dazu nicht kommt, sondern dass alle Beteiligten dafür sorgen, dass das Urteil im Sinne der Richter und Patienten umgesetzt wird. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie hat parallel zum Richterspruch sehr hilfreiche Leitlinien veröffentlicht, um Zwangsmaßnahmen bei aggressiven psychisch Kranken vorzubeugen und den Einsatz von Medikamenten zu steuern. Das ist ein wertvoller Beitrag, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.