Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Konstanz legt 2600 Kilometer zurück
Handball: 2. Bundesliga: Konstanz muss nach Dessau (Fr., 19.30 Uhr) und Hamm (Di., 17 Uhr) reisen
KONSTANZ - Zwei anstrengende Reisen stehen für Handball-Zweitligist HBW Balingen-Weilstetten an diesem Weihnachtswochenende an. Zunächst führt die Konstanzer die Fahrt nach Dessau (Spielbeginn: Fr., 19.30 Uhr), am zweiten Weihnachtsfeiertag geht’s dann Richtung Hamm (Spielbeginn: Di., 17 Uhr).
Alle lagen sie sich in den Armen: Nach dem zweiten Sieg in Folge war die Freude über den Coup gegen den zuvor sieben Spiele ungeschlagenen Tusem Essen riesengroß. Doch so groß der Jubel auch war, genauso schnell gingen die Handballer zur Tagesordnung über. Schließlich wartet auf die HSG Konstanz über Weihnachten eine wohl einmalige Belastung. Am Freitag wird zunächst in Dessau gespielt, am Dienstag in Hamm. Macht 2600 Kilometer im Mannschaftsbus für Spieler und Verantwortliche über die Tage des „Fests der Familie“.
Kurios dabei: Manche Vereine genießen an den zuschauerträchtigsten Spielterminen über die Weihnachstage – das Christmas-Game in Konstanz lockte im vergangenen Dezember über 1600 Fans – zweimal Heimrecht, andere zumindest einmal, während andere wiederum zweimal auf Reisen sind - im Konstanzer Fall auch noch sehr lange und weit. „Wir nehmen das hin wie es kommt“, möchte sich HSG-Präsident Otto Eblen trotz des kuriosen Spielplans mit dem letzten Hinrundenund ersten Rückrundenspiel dennoch nicht beschweren. „Das einzige, was wir tun können und was wirklich zählt ist gewinnen – auch wenn das keiner erwartet.“Schließlich, so sagt sein Sohn und HSG-Cheftrainer Daniel Eblen „viel schwerer als in Dessau und in Hamm geht es nicht.“
Etappe eins führt die HSG mit Abfahrt am Donnerstagmittag zum Überraschungsteam der Saison. Dessau, im vergangenen Jahr wie die HSG in die 2. Bundesliga aufgestiegen, spielt „eine riesen Saison“, wie Tom Wolf zusammenfasst. Daniel Eblen nötigt vor allem die Arbeit von Trainer Uwe Jungandreas, der zuvor den SC Magdeburg in der 1. Bundesliga betreut hatte, größten Respekt ab. „Wenn es eine Tabelle gäbe, wer aus den Voraussetzungen das Beste macht, wäre Dessau sicher ganz vorne.“Zudem hat sich Dessau gut verstärkt, hat sechs Tschechen im Team, mit Neuzugang Libor Hanisch am Kreis und Linksaußen Marek Vanco sogar zwei aktuelle A-Nationalspieler. Dazu kommen viele ehemalige Spieler der im weiteren Umkreis liegenden Erstligisten SC Magdeburg, SC DHfK Leipzig und den Füchsen Berlin, acht Spieler, die zuletzt für einen der drei Bundesligisten aufliefen, einige kamen über eine Zwischenstation nach Dessau.
„Sie spielen eine sehr aggressive Abwehr und haben mit Philip Ambrosius einen guten Torwart“, warnt der HSG-Coach. „Aber auch der Kreis ist mit Hanisch, die Spielmacherposition mit Vincent Sohmann gut besetzt. Sie haben einen ganz dichten Kader.“Damit mischt Dessau derzeit die 2. Bundesliga auf und ärgert die Spitzenteams der Liga, zu denen Dessau selbst längst zählt. Bis auf Platz fünf schob sich der traditionsreiche Ex-Erstligist, der mittlerweile seine 22. Saison in Liga zwei absolviert. Bei den beiden schweren Aufgaben über Weihnachten muss Konstanz dabei auf Toptorschütze Paul Kaletsch – viertbester Torschütze der 2. Bundesliga – verzichten, der ebenso wie Stefan Hanemann, Michael Oehler, Benjamin Schweda, Samuel Wendel und Sebastian Bösing verletzt ausfällt. Mathias Riedel ist angeschlagen.
Doch Daniel Eblens Freude am vergangen Samstag nach dem Spiel gegen Essen war auch deshalb so groß, weil die bislang weniger zum Einsatz gekommenen Tom Wolf und Max Schwarz mit neun und acht Toren ihr großes Potenzial unter Beweis stellten. „Die zwei Punkte waren wichtig, auch, dass wir endlich ein knappes Spiel für uns entschieden haben“, meint der A-Lizenzinhaber und fügt an: „Aber toll war auch, dass und wie die Jungs das in dieser Formation geholt haben. Die Jungs kennen jetzt unsere Abläufe.“
Alternativen auf den Außen
Nach der Rückkehr am Samstagmorgen bleibt der „Heilige Abend“für die Familie, während am 25. Dezember schon die nächste Fahrt Richtung Hamm ansteht. Eine immense Belastung. Vor allem für Trainer Eblen ein Fulltime-Job. „Beide Hallen werden über Weihnachten sicher voll sein, darauf freuen wir uns“, sagt er.
In Hamm erwartet ihn und sein Team ein weiterer Ex-Erstligist, der als Tabellenvierter um den Aufstieg spielt. Seit fünf Spielen ungeschlagen verfügt Hamm über viel Selbstvertrauen, gerade zu Hause, wo die Eintracht 15:3 Punkte holte und Topteams wie Erstligaabsteiger Balingen (39:28) und den Tabellenzweiten Bietigheim (35:19) aus der Halle fegte. Mit Vyron Papadopoulos und dem österreichischen Nationalspieler Christoph Neuhold und Ex-Bundesliga-Spieler Julian Krieg hat Hamm ein brandgefährliches Trio.
„Das ist mit die schwerste Aufgabe, die es auswärts gibt“, zeigt Eblen trotz des knappen 24:21-Erfolgs von Hamm im Hinspiel auf. Damals siegten die Gäste in quasi letzter Minute. Mit Blick auf die Leistungsexplosion bei Tom und Max Wolf sowie Max Schwarz bekennt er: „Ich hoffe, dass wir uns jetzt mit drei Spielern auf halblinks und vier auf halbrechts so stabilisieren, dass wir immer entsprechend reagieren können.“Diese zuletzt gegen die fünf Topteams der Liga gezeigte Stabilität, die nicht mit Punkten belohnt wurde, möchte der 43-Jährige nun konservieren und hofft, „stabil Punkte“zu holen. Denn die Wünsche zum Fest und Jahresausklang sind klar: „Wenn wir noch etwas Zählbares holen, wäre das richtig stark. Und wenn wir uns daneben auch ohne Paul auf hohem Niveau stabilisieren, haben wir auf jeden Fall etwas gewonnen.“