Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Vernebelt
Ach, waren das Zeiten, als das Rauchen in Kneipen noch erlaubt war. Sie erinnern sich. Stundenlang konnte man an der Bar hocken, Bier trinken und über Gott und die Welt plaudern, ohne zu wissen mit wem, weil die Person im Dunst nur schemenhaft zu erkennen war. Und wenn sich am nächsten Tag die vom (Nikotin-)Rausch bedingte Frage stellte, wie man den Abend zuvor eigentlich verbracht habe, gab die duftende Kleidung eine Antwort. Die zwecks Dekontamination in der Reinigung landete, wo man am liebsten auch die Lunge abgeliefert hätte.
Für ein Ende dieser gemütlichumnebelten Zeit zeichnete sich ein gewisser Sebastian Frankenberger verantwortlich, der in Bayern gegen die Aufweichung eines bereits bestehenden Rauchverbots vorging. Er initiierte ein Volksbegehren, sodass seit 2010 das Rauchen in Kneipen, Bars und Restaurants nicht mehr erlaubt ist. Bis heute, so berichtete Frankenberger dem Bayerischen Rundfunk, haben die Aktionen ihm viel Resonanz und viele Freunde eingebracht. Vor allem unter Rauchern, die bekanntlich Toleranz einfordern und diese daher vorleben. So sagte Frankenberger: „Beschimpfungen und Stalking sind Alltag“– auch sieben Jahre nach dem Volksbegehren. Die Zuneigung geht soweit, dass er immer wieder Zigaretten auf dem Autodach oder vor der Türe findet. Oder es werden unangemeldete Hausbesuche in Aussicht gestellt. Wegen der erdrückenden Aufmerksamkeit wohnt Frankenberger mittlerweile in Österreich. Der Nachteil: Dort darf in Kneipen geraucht werden. Der Vorteil: Im Nebel bleibt er von toleranten Rauchern unentdeckt. (dg)