Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Städte fordern vom Bund mehr Geld
Verband: 126 Milliarden Euro sind notwendig, um Sanierungsstau zu beheben
STUTTGART - Städten und Gemeinden fehlen nach eigenen Berechnungen rund 126 Milliarden Euro, um Straßen, Schulen und Kitas instand zu setzen. Diesen und weitere Wünsche hat das Präsidium des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) am Montag bei seiner Sitzung in Stuttgart formuliert.
Infrastruktur: Marode Schulen, löchrige Straßen und instabile Brücken – solche Zustände in vielen Kommunen beeinträchtigen aus Sicht des DStGB die Lebensqualität der Bürger. Außerdem werden sie im weltweiten Wettbewerb zum Standortnachteil. Denn wenn eine Firma kein schnelles Internet oder gute Zufahrtswege vorfindet, siedelt sie sich eben anderswo an. „Wir brauchen allein 126 Milliarden Euro, um bestehende Gebäude und Straßen in Stand zu halten“, sagte Roland Schäfer, Präsident des DStGB. Er vertritt die Interessen der kreisangehörigen Städte und der Gemeinden. Etwa 75 weitere Milliarden seien notwendig, um Zukunftsaufgaben anzugehen. Dazu zählt der Anschluss an schnelles Internet.
Flüchtlinge: Mit zwei Milliarden Euro pro Jahr unterstützt der Bund derzeit die Kommunen dabei, Flüchtlinge zu integrieren. Davon werden etwa Sprachkurse gezahlt oder die Unterbringung. „Integration bleibt aber eine Herkulesaufgabe“, sagte Gerd Landsberg, DStGBHauptgeschäftsführer. Deswegen müsse eine neue Bundesregierung die bisher gezahlten Summen auch weiterhin zur Verfügung stellen. Der DStGB plädiert außerdem dafür, den Familiennachzug weiter auszusetzen. Alles andere überfordere die Kommunen, die die Menschen aufnehmen müssten. Die Regel verbietet es derzeit Flüchtlingen vor allem aus Syrien, ihre engsten Angehörigen nach Deutschland nachzuholen. Die Regel gilt bis März 2018. CDU und SPD streiten darum, ob sie verlängert werden soll. Außerdem sehen die Bürgermeister Probleme bei jungen Flüchtlingen. „Fälle wie in Mannheim, wo wenige junge Männer eine Stadt terrorisieren, darf es nicht geben“, so Landsberg. Der Bund müsse die Grundlagen dafür schaffen, dass Behörden gegen solche Täter effektiver vorgehen könnten.
Saubere Luft und Verkehr: Fahrverbote für dreckige Diesel-Fahrzeuge kommen für den DStGB nicht infrage. „Wir wollen nicht den Stillstand organisieren, sondern den Verkehr der Zukunft“, so Roger Kehle, Chef des baden-württembergischen Gemeindetags. Deswegen lehnen seine Kollegen und er auch die Blaue Plakette ab. Sie würde es sauberen Autos erlauben, in bestimmte Umweltzonen einzufahren. Das sei jedoch nur eine punktuelle Lösung. Es brauche stattdessen Konzepte, um das Vorankommen auf Straße und Schiene insgesamt zu verbessern.
Ungleichheit: Während es den Kommunen in Baden-Württemberg und Bayern finanziell gut geht, ächzen vor allem in strukturschwachen Ländern wie Nordrhein-Westfalen Städte unter hohen Sozialabgaben. Um laufende Kosten zu decken, müssen Kommunen in NRW 1500 Euro pro Einwohner und Jahr an Krediten aufnehmen. in Baden-Württemberg sind dies nur 20 Euro. Deswegen plädiert der DStGB dafür, den Solidaritätszuschlag weiter von den Steuerzahlern zu erheben. Er soll aber nicht mehr nur den östlichen Bundesländern zugutekommen, sondern armen Gemeinden in ganz Deutschland. Außerdem wünschen sich die Bürgermeister einen Fonds des Bundes. Daraus sollen verschuldete Kommunen ihre teuren Kredite bezahlen.