Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
15 Millionen Euro fürs Naturerbe
Der Park an der deutsch-tschechischen Grenze erfüllt ökologisch internationale Standards
Der Nationalpark Bayerischer Wald wurde am 7. Oktober 1970 als erster Nationalpark Deutschlands gegründet. Mit der Erweiterung im Jahr 1997 hat er eine Größe von 24 250 Hektar und grenzt direkt an den tschechischen Nationalpark Šumava. Zusammen bilden sie das größte zusammenhängende Waldgebiet Mitteleuropas mit rund 93 000 Hektar Fläche.
Heute gilt die Randlage des Nationalparkgebiets an der ehemaligen Ostblockgrenze für die Natur als Glücksfall. Industrialisierung und Infrastrukturerschließung hielten sich zu Zeiten des Kalten Krieges in engen Grenzen. Der Charakter einer durch Waldbau und Waldnutzung geprägten Region gehört zum kulturellen Kapital des Schutzgebiets. Die intensive Nutzung der Wälder begann im Mittelalter. Bereits im 13. Jahrhundert siedelten die bayerischen Herzöge die ersten Glashütten an. Spuren einer intensiven Waldwirtschaft wie künstlich angelegte Wasserläufe für den Holztransport gehören zum Kulturerbe, dessen Pflege zu den Aufgaben des Nationalparks gehört.
Touristische Attraktionen
Nachdem zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahezu alle Urwaldreste der Region der Holzwirtschaft weichen mussten, gab es bereits in dieser Zeit Bemühungen, diesen Urwald zu bewahren. Im Jahr 1914 wurde das erste Schutzgebiet ausgewiesen. Seit Beginn der 1990er-Jahre lautet das Nationalpark-Credo „Natur Natur sein lassen“. Der Wald soll sich weitgehend ohne menschliche Eingriffe entwickeln. In den Kernzonen des Schutzgebiets bedeutet dies auch den Verzicht auf Holznutzung, Jagd und Schädlingsbekämpfung. Bis heute ein Konfliktthema, obwohl die Nationalpark-Förster den Borkenkäfer mittlerweile gut im Griff haben.
Mit jährlich rund einer Million Besuchern erfüllt der Nationalpark auch die ihm zugedachte Funktion als Touristenattraktion. Es gibt im Park und seiner Umgebung ein dichtes Netz öffentlicher Verkehrsmittel und eine Fülle von Attraktionen, vor allem für Familien.
Trotzdem ist der Bayerische Wald im Gegensatz zu manchen anderen Nationalparks wie etwa im Berchtesgadener Land unter Naturschutz-Experten nur wenig umstritten. Er erfüllt auf dem Gebiet der Ökologie internationale Standards, auch beim Artenreichtum von Tier- und Pflanzenwelt. Sogar Luchse und die ersten Wölfe sind dort wieder heimisch – nicht nur im Gehege, sondern auch in der freien Natur.
Am Rande: Knapp drei Millionen Euro seines Gesamthaushalts von gut 15 Millionen jährlich, erwirtschaftet der Nationalpark aus dem Holzverkauf. Es geht dabei um jene Bäume, die in den Randzonen zur Borkenkäfer-Bekämpfung und damit zum Schutz des angrenzenden Privatwaldes gefällt werden. (mile)