Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Verordnung stellt Heim vor Probleme
Doppelzimmer-Pflicht: Zimmer würden wegfallen – Umbau des Heims ist nicht möglich
TUTTLINGEN - Seit 1974 gibt es das Elias-Schrenk-Haus in Tuttlingen. In 63 Einzel- und 17 Doppelzimmern leben 97 ältere oder pflegebedürftige Menschen. Die Landesheimbauverordnung sieht allerdings vor, dass es ab dem 1. September 2019 in Pflegeheimen keine Doppelzimmer mehr geben darf – nur für große Doppelzimmer wird es eine befristete Ausnahme geben. Einzelzimmer müssten mindestens 16 Quadratmeter groß sein. Im Elias-Schrenk-Haus würden deshalb Zimmer wegfallen.
„Die Landesheimbauverordnung gefährdet Pflegeheime. Auch das Elias-Schrenk-Haus. Wenn 94 Plätze bei uns belegt sind, dann können wir wirtschaftlich arbeiten. Bei weniger Bewohnern geht das nicht mehr. Dann geht es an die Substanz, und wir werden vor große wirtschaftliche Herausforderungen gestellt“, sagt Gebhard Quass, Geschäftsführer und Heimleiter.
Der Wille, die Vorgaben der Landesheimbauverordnung zu erfüllen, ist bei Quass vorhanden. „Dafür benötigen wir aber mehr Zeit“, sagte der Heimleiter, der Guido Wolf, Landesjustizminister und Tuttlinger Abgeordneter, ins Elias-Schrenk-Haus eingeladen hatte. „Wir haben mit der Landesheimbauverordnung zu kämpfen. Es muss eine Lösung gefunden werden und sie wird auch gefunden. Wir hoffen, dass Guido Wolf uns dabei unterstützt.“
Quass ist zuversichtlich, dass das Elias-Schrenk-Haus auch weiterhin bestehen wird. Allerdings sind dem Heimleiter bei der Umsetzung der Vorgaben ein wenig die Hände gebunden. Ein Umbau der Doppelzimmer ist nicht möglich. „Das Haus ist in Betonbauweise gebaut. Die Wände sind tragend und können nicht herausgenommen werden“, meint Quass. Auch eine Nutzung durch Ehepaare, die gemeinsam in das Heim einziehen wollen, kommt damit nicht in Frage. Laut Landesheimbauverordnung sollen Einzelzimmer so gestalten werden, dass nebeneinanderliegende Räume als eine Wohneinheit genutzt werden könnten.
Die frühere Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) schlug in einer Pressemitteilung vor, die Zimmer mit einem gemeinsamen Bad durch einen Vorflur oder einen Durchgang zu verbinden. Heimleiter Quass hat bereits einen fünfstelligen Betrag in die Planung eines möglichen Umbaus gesteckt. Sieben, acht Versionen habe man beraten: „Ich beschäftige mich jede Minute damit.“
Neubau ist eine Alternative: Aber es fehlt dazu momentan das Geld und ein Standort.
Lösung noch nicht in Sicht
Die Lösung ist noch nicht in Sicht. „Es gibt Möglichkeiten. Aber die sind alle teuer“, sagt Quass. Und Geld, das investiert werden könnte, ist trotz soliden Wirtschaftens und schwarzer Zahlen aktuell nicht vorhanden. Von 1996 bis 1998 wurde das EliasSchrenk-Haus umgebaut. „Wir zahlen immer noch das Darlehen ab. Und wir bekommen auch keine Zuschüsse für die geforderten baulichen Maßnahmen“, meint der Heimleiter, der die vorgegebenen Veränderungen als „Enteignung“ansieht.
Ein Neubau hat sich durch die Verordnung als wohl einzige, aber noch nicht umsetzbare Alternative erwiesen. Für einen Neubau hat die Stadt sechs oder sieben Standorte vorgeschlagen. „Aber da geht es nicht. Ein neuer Standort ist noch nicht in Sicht“sagt der Geschäftsführer. An dem Ort, an dem das EliasSchrenk-Haus steht, gibt es aus Sicht der Landesheimbauverordnung auch nichts zu bemängeln. Das Heim an der Brückenstraße ist „sicher und barrierefrei erreichbar sowie gut an den öffentlichen Nahverkehr“anund in die Nordstadt eingebunden. „Jeden Tag kommen Kinder aus der Schildrainschule oder dem BruderKlaus-Kindergarten bei uns zum Essen. Unser Haus steht mitten im Leben“, sagt Angela Köhler, Leitung des Sozialdienstes und Belegungsmanagements. Viele Nachbarn engagieren sich ehrenamtlich im Elias-SchrenkHaus.
Zimmer fallen weg, weil einige Zentimeter fehlen
Trotzdem, so Quass, wird es für bauliche Veränderungen mehr Zeit benötigen. Die Heimaufsicht und die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft hat nach Rücksprache mit dem Sozialministerium bestätigt, dass keine Befreiung vorgesehen ist. Auch ein Umbau würde die Lage des Elias-Schrenk-Hauses nicht verbessern. Die meisten Doppelzimmer sind kleiner als 25 Quadratmeter, ließen sich nicht teilen. Plätze würden wegfallen. Vier Einzelzimmer erfüllen jetzt schon die Vorgabe nicht – eines nur um 0,2 Quadratmeter. Nach der neuen Verordnung wären die Räume nicht nutzbar.
Ärgerlich aus Sicht von Quass ist auch, dass beim Umbau 1998 vier Pflegebäder für je 120 000 Euro eingerichtet wurden. Nach neuem Stand muss aber nur eines vorhanden sein. Das Problem: Auch ein Umbau der Bäder in Einzelzimmer stößt an räumliche Grenzen. Die Zimmer müssen eine Breite von 3,2 Metern haben. Die Bäder sind nur 3,03 Meter breit. Nach seinem Besuch hat Wolf seine Unterstützung zugesagt. „Da müssen wir noch einmal nachverhandeln und dürfen nicht unflexibel sein.“Der Vorrang der Einzelzimmer werde nicht in Frage gestellt, meint er. „Wir müssen die Einrichtungen motivieren, etwas zu verändern. Wenn es aber zwei Menschen gibt, die zusammenleben wollen, dann verstehe ich es nicht, dass der Gesetzgeber sagt, ihr dürft das nicht. Ich will Verständnis für Einzelfalllösungen wecken“, sagt Wolf.
Trotz allem blickt der Pflegeheimbetreiber allen großen Herausforderungen zum Trotz optimistisch und lösungsorientiert in die Zukunft. „Wir werden auch für unser Haus eine gute Lösung finden“ist sich Quass sicher.