Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Neue E-Bike-Flotte auch für Gäste
Von drei Scooter-Anbietern ist in Ulm noch einer übrig – Angebot wird ausgeweitet
ULM/NEU-ULM - Die einen fluchen, weil sie im Weg stehen. Die anderen lieben sie, weil sie einen mobil machen. Seit mehr als zwei Jahren können E-Scooter in Ulm und Neu-Ulm gemietet werden. Drei Anbieter mit Hunderten Geräten gab es zeitweise in der Doppelstadt. Um dem RollerWirrwarr Herr zu werden, wurden zwischenzeitlich Maßnahmen ergriffen. Inzwischen hat sich aber auch der Markt bereinigt – nur noch ein Anbieter ist übrig: die Marke „Tier“. Das deutsche Unternehmen baut sein Angebot in der Region mit einem weiteren Baustein aus: E-Bikes. Nun wurde vorgestellt, wo und wie die Neuheit genutzt werden kann. Zeitsprung zurück: Im Sommer 2020 waren elektrisch betriebenen Roller erstmalig in Ulm und Neu-Ulm auf Leihbasis zu bekommen. Als erste Marke vertreten war „Zeus“in den Farben Schwarz und Weiß. Mit drei statt zwei Rädern wollten sie für mehr Komfort beim Fahren stehen. Zwischenzeitlich war deren Flotte auf 200 Geräte angewachsen. Im August 2021 aber zog sich der irische Anbieter zurück. Ähnlich die Firma „Bird“. Das Unternehmen mit Sitz in Kalifornien (USA) kam im Oktober 2020 nach Ulm und Neu-Ulm, hatte ebenfalls mal um die 200 Roller vor Ort. Doch seit Ende Februar 2022 sind auch die hier nicht mehr zu finden. „Lime“und „Bold“, zwei weitere Marken, die kommen wollten, kamen bislang nicht. Übrig blieb damit Stand jetzt „Tier“. Im September 2020 schlugen die türkisfarbenenen Elektro-Scooter an der Donau auf. Aktuell hat das deutsche Unternehmen mit Hauptsitz in Berlin 380 Roller in Ulm und Neu-Ulm im Einsatz, 70 weitere sollen demnächst folgen. Die Flottengröße in beiden Städten ist auf insgesamt 900 E-Scooter gedeckelt. Serbanui Balci von der hiesigen Tier-Niederlassung ist mit dem Standort sehr zufrieden: „Das ist ein schönes Projekt. Die Nachfrage hier ist so hoch wie sonst nirgends.“An einem Sommer-Tag werde ein Scooter bis zu viermal gebucht.
Jetzt wird das Angebot mit E-Bikes erweitert: Seit Montag sind 80 Räder im selben Look wie die Scooter schon im Umlauf, die kommenden Tage sollen 40 weitere mit einem 3,5-Tonner aus München in der Doppelstadt eintreffen. Viel lasse sich in der Kürze der Zeit über das Nutzungsverhalten noch nicht sagen, so Balci. Im Schnitt 2,5 Buchungen pro Tagen seien es aber durchaus. „Die Nachfrage ist schon sehr hoch“, sagt sie. Deutschlandweit ist Tier mit EBikes bereits in zehn Städten vertreten, unter anderem in München, Münsingen, Reutlingen und Berlin. Doch auch weltweit sind die Räder zu finden, zum Beispiel in Dubai.
Ein Fahrradverleihsystem sei auch schon mehrfach im Gemeinderat untersucht worden, berichtet Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU). „Nun bekommen auch wir diese Ergänzung zu unserem städtischen Mobilitätsangebot.“Wer abends zum Weggehen nicht sein eigenes teures E-Bike nehmen möchte, könne sich so ganz einfach eins ausleihen. Neu-Ulms stellvertretende Bürgermeisterin Rosl Schäufele (SPD) bezeichnet das LeihfahrradKonzept als „neuen Baustein für Mobilität“. Die Räder haben eine Tretunterstützung bis 25 km/h. Jedes Pedelec ist zudem mit einem Korb am Lenker ausgestattet. Ein Detail, das Ulms Citymanagerin Sandra Walter freut. Schließlich könne so vom neuen Mobilitätsangebot auch der Einzelhandel in der Innenstadt profitieren, wenn die Einkäufe „über weitere Strecken“mit dem E-Bike nach Hause transportiert werden können. Auch für Gäste in der Stadt sei es ein „attraktives Angebot“.
Um eins der Räder nutzen zu können, schaltet man das E-Bike über den integrierten QR-Code oder über die Tier-App frei. Dafür werden ein Euro Aktivierungsgebühr fällig und 23 Cent pro gefahrene Minute. Für Vielfahrer gibt es Sonderangebote oder Tagesflatrates.
Gezahlt werden kann per Paypal oder Kreditkarte. Wie beim E-Scooter gibt es auch beim Pedelec keine festen Verleih- und Ausgabestellen. Das Konzept nennt sich „Free-Floating-Systems“. Nach der Fahrt kann das Rad beinahe überall abgestellt werden – innerhalb des Betriebsgebietes. Das umfasst neben den Innenstädten die Stadtteile Eselsberg, Ostund Weststadt sowie Offenhausen, Teile von Schwaighofen und Ludwigsfeld. Neu ist auch Wiblingen. Dort gibt es allerdings auch Parkverbotszonen, zum Beispiel entlang von Donau und Blau sowie in der Friedrichsau. Wird das Verkehrsmittel außerhalb der erlaubten Flächen abgestellt, läuft die Mietuhr weiter – der Nutzer zahlt also weiter.
Gewartet werden die Fahrräder von einem lokalen Team bestehend aus fünf Beschäftigten. Im Sommer können das auch bis zu 15 Mitarbeiter werden. Sie laden und tauschen Akkus und sammeln, unter anderem mit Sprintern, beschädigte oder ganz falsch abgestellte E-Bikes wieder ein. Wer ein solches findet, kann sich über eine Telefonnummer, die auf dem Rad steht, an das Unternehmen werden oder eine E-Mail an support@tier.app schreiben.