Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Rochade dank Räikkönen
Der Rücktritt des Formel-1-Altmeisters hilft Mercedes
ZANDVOORT (dpa) - Unter dem grauen Nordseehimmel von Zandvoort sorgte Rekordfahrer Kimi Räikkönen für einen kleinen Formel-1-Sturm. Die Abschiedsworte des Ex-Weltmeisters, der nach dieser Saison seine Grand-Prix-Karriere beenden will, wirken im Fahrerlager zwischen den Dünen als Beschleuniger für das Transfergeschäft. Durch Räikkönens Rückzug schien am Donnerstag vor dem Großen Preis der Niederlande (So., 15. Uhr/Sky) der Weg endgültig frei für die große Rochade bei Branchenführer Mercedes, die sich seit Längerem andeutet. George Russell wird wohl von Williams in den Silberpfeil befördert werden, Valtteri Bottas könnte dafür Räikkönens Nachfolge bei Alfa Romeo antreten.
Mercedes-Teamchef Toto Wolff hatte zuletzt zwar eingeräumt, dass die Entscheidung über Lewis Hamiltons Teamkollegen für 2022 bereits gefallen ist. Mit der Verkündung aber zögere der Serien-Weltmeister noch, weil eine Reihe von Parteien betroffen seien. „Solange die Verträge nicht unterschrieben sind, macht es keinen Sinn, es zu verkünden“, sagte Wolff.
Argumente für die Ablösung von Bottas hat Toptalent Russell längst genug gesammelt. Seine phänomenale Fahrt auf Startplatz zwei jüngst im Regen von Spa, die beim abgebrochenen Rennen am Tag darauf mit dem ersten Podium seiner Formel-1-Laufbahn belohnt wurde, hätte es nicht mehr als Beweis für Klasse und Reife des 23-Jährigen gebraucht. Bottas indes konnte sich in fünf Jahren bei Mercedes nie aus Hamiltons Schatten lösen und zuletzt nicht mal mehr als Helfer überzeugen. „Vielleicht ja, vielleicht nein“wisse er, wie es weitergehe, sagte der 32-Jährige jetzt. Der freie Sitz bei Alfa Romeo könnte zumindest eine Chance für den Finnen sein, in der Formel 1 zu bleiben.
„Keine einfache Entscheidung“sei der Rücktritt gewesen, versicherte Räikkönen, als er am Mittwochabend via Instagram seinen Entschluss öffentlich machte. Schon im Winter habe er sich festgelegt, verriet der 41-Jährige mit für ihn ungewöhnlich vielen Worten. Im „Iceman“verliert die Rennserie eine Kultfigur und den Piloten mit den meisten Starts. Mehr als 350 Grand Prix wird der Champion von 2007 bestritten haben, wenn er aufhört. Räikkönen sei eine „Legende unseres Sports, wie es Zahlen und Statistiken kaum vermitteln können“, sagte Teamchef Frederic Vasseur.