Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Bioladen“: Geständnisse der Angeklagten
Mutmaßliche Drogenhändler erhalten dadurch wohl eine mildere Strafe
NEU-ULM - Dass es im „Darknet“oft heller ist als es sich manche „dunklen Gestalten“wünschen, wurde am zweiten Tag des Verfahrens gegen die Betreiber von „Lenas Bioladen“vor dem Landgericht Memmingen deutlich. Es bedarf zwar der Expertise von Fachleuten des Landesund Bundeskriminalamtes, aber dass diese über die passenden „Scheinwerfer“verfügen, um Licht ins Dunkel zu bringen, wurde jedem klar, der die Aussagen der Kripobeamten und die Gutachten der Sachverständigen verfolgte. Auch wenn man als Laie, wie selbst ein Verteidiger zugab, manchmal beim besten Willen nur versteht, dass man besser die Finger von der nur scheinbar dunklen Seite des Internets lassen sollte.
Das hatten auch die beiden Angeklagten, ein 42-Jähriger aus dem AlbDonau-Kreis und sein 32-jähriger Kumpan aus dem Kreis Reutlingen, inzwischen eingesehen. Sie ergriffen die vom Gericht gebotene Gelegenheit, gegen ein umfassendes Geständnis einen möglichst günstigen Strafrahmen auszuhandeln. Das Angebot war, dass eine Strafe zwischen sechs und sechseinhalb Jahren infrage käme, wenn alle Karten auf den Tisch gelegt würden.
Das taten die Verteidiger Alfred Nübling für den 42-jährigen Jens G. und Michael Bogdahn für den 32jährigen Steffen J. Zunächst erklärte Nübling für seinen Mandanten, dass dieser „den größten Fehler seines Lebens“begangen hatte, als er nach jahrelangem exzessiven Alkoholund Drogenkonsum seinen Arbeitsplatz verloren habe. Nach dem Verbrauch der Abfindung habe er keine berufliche Perspektive mehr gesehen und sei auf das Angebot des Kumpels eingegangen, Marihuana versandfertig zu machen. Dank der guten Geschäfte sei sein Lohn von anfangs 80 Cent pro Gramm auf 2,50 Euro gestiegen. Seine Frau, die am ersten Prozesstag ein Geständnis abgelegt hatte, habe während ihrer Schwangerschaft ihre Mitarbeit beendet. Nach der Geburt der Tochter habe auch er beschlossen, aufzuhören. Vom Alkohol- und Drogenkonsum sei er aber bis zum Auffliegen nicht losgekommen. Deshalb wurde vom Gericht eine psychiatrische Begutachtung beider Angeklagten angekündigt. Rechtsanwalt Michael Bogdahn erklärte für seinen Mandanten, dass auch für diesen die Anklage in allem zutreffend sei. Auch er schilderte eine Alkohol- und Drogenkarriere, die bereits bei der Entlassung des damals Vierzehnjährigen aus dem Kinderheim begonnen habe. Alle Versuche, dagegen anzukommen, seien gescheitert. So habe er zunächst zur Deckung des Eigenbedarfs den schwunghaften Handel begonnen, der offenbar eine gute Rendite einbrachte: Für 7,70 Euro Einkaufspreis pro Gramm Marihuana habe er in „Lenas Bioladen“abzüglich der Bitcoin-Gebühren Verkaufspreise
von 12 bis 15 Euro erzielt. Er habe bewusst keine chemischen Drogen verkauft, obwohl damit ein noch höherer Gewinn möglich geworden wäre.
Die Ermittlungen schilderten mehrere Zeugen. Dabei fiel auf, dass eventuell noch fünf Bitcoin - der aktuelle Wert für einen liegt derzeit bei 45 500 Euro - „unbekannten Aufenthalts“sind; ebenso wie zwei RolexUhren aus dem Verkaufserlös des „Bioladens“.