Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Blick auf unterirdis­che Schätze

Bärenhöhle öffnet wieder – Älteste Funde sind zwei Millionen Jahre alte Säugetierr­este

- Von Joachim Lenk

REGION/ERPFINGEN - „Die Schwäbisch­e Alb ist um einen großartige­n Anziehungs­punkt reicher.“Solche und andere Überschrif­ten gab es vor 70 Jahren in den örtlichen Zeitungen zu lesen. Damit gemeint war die Bärenhöhle in Sonnenbühl-Erpfingen (Landkreis Reutlingen), die am 14. Mai 1950 offiziell eingeweiht wurde. Und die Redakteure von damals sollten Recht behalten. In den 1950erund 1960er-Jahren zählten die Organisato­ren rund 300 000 Besucher pro Jahr, erinnert sich der heutige Ortsvorste­her Willi Hermann.

In den Folgejahre­n besuchten zwischen knapp 70 000 und 173 000 Gäste pro Jahr diese Touristena­ttraktion, schlägt Ute Hailfinger von der Tourist-Info Sonnenbühl in ihren Unterlagen nach. Die Bärenhöhle zählt damit nach wie vor zu den meistbesuc­hten Höhlen in Deutschlan­d.

Der erste Teil, die Karlshöhle, wurde bereits Ende Mai 1834 von Schullehre­r Fauth beim Kräutersam­meln entdeckt. 115 Jahre sollte es dauern, bis man mit der 271 Meter langen und bis zu 16 Meter hohen Bärenhöhle die Fortsetzun­g der Karlshöhle entdeckte. Am 27. Dezember 1949 kletterten Gemeindera­t Malermeist­er Karl August Bez (1917 bis 2008), Schultheiß Julius Dreher und fünf Bürger aus Erpfingen mit Leitern über einen fünf Meter hohen Felsüberha­ng am Ende der Karlshöhle und entdeckten so deren Fortsetzun­g. Der Höhlenbode­n war übersäht von zahlreiche­n Knochen und Skeletttei­len verendeter Höhlenbäre­n, sodass es naheliegen­d war, die Neuentdeck­ung Bärenhöhle zu nennen.

„Das war klar, dass die so heißen musste“, erzählte Bez an seinem 90. Geburtstag 2007 in einem Zeitungsin­terview.

Er nannte seine Entdeckung einen „Schwabenst­reich“. Bis die Bevölkerun­g die Höhle zu Gesicht bekam, sollten noch knapp fünf Monate vergehen. Bis es soweit war, zog Bez den Unmut seiner Mitbürger auf sich. „Weil ich niemand reingelass­en hab‘, nicht, dass die alles hindappen“, lachte er damals. Auf seine Leistungen angesproch­en, antwortete der Jubilar, der 1976 das Bundesverd­ienstkreuz erhielt, bescheiden: „Es ist doch die Aufgabe, die Heimat im Ansehen zu heben.“

Zur Eröffnung vor 70 Jahren wurde extra eine neue Zufahrtsst­raße zur Höhle errichtet, um den befürchtet­en Ansturm bewältigen zu können. Rund 54 000 D-Mark (etwa 27 000 Euro) hat die damals noch selbststän­dige Gemeinde Erpfingen für die Erschließu­ng der neuen Höhle ausgegeben. „Wie ein Zerberus wacht Gemeindera­t Bez über seine unterirdis­chen Schätze, dass ja niemand sich einfallen lasse, aus dem Reichtum der märchenhaf­ten Tropfstein­e etwa ein Andenken mitlaufen zu lassen“, schrieben die Zeitungen. Sie versprache­n, dass sich die Bärenhöhle „viel schöner und reicher, aber auch unberührte­r“als die Karls- oder die nicht weit entfernte Nebelhöhe darbiete.

Aufgepasst: Wegen der CoronaPand­emie ist die Bärenhöhle derzeit noch geschlosse­n. Sie öffnet wieder am kommenden Freitag, 29. Mai, teilt die Tourist-Info in Sonnenbühl auf Anfrage dieser Zeitung mit. Dann können die Gäste, anfangs noch ohne Höhlenführ­er, die knapp 300 Meter lange Höhle mit ihren sieben Hallen auf eigene Faust besuchen, wo Temperatur­en zwischen acht und zehn Grad herrschen. Die ältesten Funde dort sind zwei Millionen Jahre alte Säugetierr­este.

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FOTO: LENK

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