Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
CDU-Minister schreiben milliardenschwere Wunschliste
Fachressorts legen Pläne für weitere Corona-Hilfen vor – Haushaltskommission verhandelt nächsten Dienstag
RAVENSBURG - Ein erstes Hilfspaket von fünf Milliarden Euro für Unternehmen in der Corona-Krise hat der Landtag beschlossen – nun legen die fünf CDU-geführten Ministerien ihre Vorschläge für weitere Corona-Hilfen vor. Für ihre Pläne, die Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ans Staatsministerium weitergeleitet hat, veranschlagen die Minister mindestens 3,91 Milliarden Euro.
„Während es derzeit vor allem um Liquiditätshilfen geht, muss es künftig verstärkt um Konjunkturhilfen gehen“, hat Eisenmann in einem Brief, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geschrieben. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte brauche die Wirtschaft mehr als nur Hilfe zum Durchhalten. „Nach meiner Überzeugung gilt es dabei nicht nur die zweifelsohne erheblichen Kosten für den Haushalt zu sehen, sondern auch die volkswirtschaftlichen Kosten ausbleibender Unterstützungsmaßnahmen zu berücksichtigen.“
Allein Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut meldet einen Bedarf von mindestens 2,54 Milliarden Euro an. Mit einer Milliarde Euro will sie die Soforthilfe für besonders hart von der Corona-Krise getroffene Unternehmen fortsetzen, von Einzelhändlern über Caterer bis zu Messebauern. Antragsberechtigt sollen Firmen mit bis zu 100 Mitarbeitern sein, bisher liegt die Grenze bei 50 Mitarbeitern. Weitere 330 Millionen Euro sollen das Hotel- und Gaststättengewerbe stützen, 387 Millionen Euro zur Förderung von Innovation in der Autoindustrie bereitgestellt werden.
Das Innenministerium meldet einen Bedarf von mindestens 1,18 Milliarden Euro an. Mit einer Milliarde Euro will Ressortchef Thomas Strobl den Kommunen wegfallende Steuereinnahmen zumindest teilweise ersetzen. 40 Millionen Euro sollen in einen Hilfsfonds für Vereine fließen, mit 30 Millionen Euro die IT-Struktur des Landes ertüchtigt werden.
Im Kultusministerium rechnet man allein für die Ausstattung bedürftiger Schüler mit digitalen Endgeräten 65 Millionen Euro aus Landesmitteln ein – zusätzlich zum Betrag in derselben Höhe, den der Bund für diesen Zweck bereitstellt. Um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, sollen für Sportvereine zehn Millionen Euro, für Jugendherbergen sechs Millionen Euro bereitgestellt werden. Zusammen mit weiteren Vorhaben rechnet das Haus von Ministerin Eisenmann mit einem Bedarf von 139,75 Millionen Euro.
Agrarminister Peter Hauk will mit 55 Millionen Euro unter anderem das Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum aufstocken und landwirtschaftliche Betriebe stärken. Auch vier Millionen Euro für die Ausrichtung der Landesgartenschau in Überlingen 2021 sind in seinem Paket enthalten. Justizminister Guido Wolf, der auch für den Tourismus zuständig ist, hat ebenfalls mehrere
Hilfsprogramme aufgelistet, fordert aber kein Geld dafür – zuständig sind in den meisten Fällen seine Kabinettskollegen oder der Bund.
Über die Wünsche berät am kommenden Dienstag die Haushaltskommission mit je fünf Vertretern von CDU und Grünen. Die Minister der Grünen haben ihre Wünsche noch nicht öffentlich gemacht. Insgesamt seien es über alle Ministerien hinweg über 50 Vorschläge und Initiativen mit einem Volumen von deutlich über fünf Milliarden Euro, sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet der „Schwäbischen Zeitung“. „Das zeigt, wie wichtig es ist, dass der Ministerpräsident die Initiativen bündelt, um zu einem neuen, zweiten Paket zu kommen.“
„Das Wettrennen der Ministerien um die Verteilung der Corona-Mittel scheint eröffnet zu sein“, kommentierte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Es dürfe aber nicht darum gehen, welche Ministerin oder welcher Minister sich am schnellsten und am lautesten meldet, sondern wo die Steuergelder am besten investiert werden. „Neben den Gastronominnen und Gastronomen im Land müssen wir dabei unter anderem auch die Kunst- und Kulturschaffenden sowie die Sozialwirtschaft im Auge behalten.“Die FDP drängt zur Eile. „Insbesondere beim Tourismus, bei Schaustellern und im Messebereich, die teilweise noch Monate keinerlei Umsatzaussicht haben, zählt nun Schnelligkeit“, sagte der FDP-Abgeordnete Erik Schweickert.