Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Quinoa auf der Alb
Der Aufwand ist enorm, doch ein Agrarstudent sieht eine Chance für die Landwirtschaft
DÄCHINGEN - Quinoa, eine Pflanze aus Südamerika, hat es jetzt in den Ehinger Teilort Dächingen geschafft. Ein 22-jähriger Agrarstudent hat Quinoa versuchsweise auf zwei Feldern angebaut und schreibt eine Bachelorarbeit über seine gewonnenen Erkenntnisse. Er kenne niemanden weit und breit, der ebenfalls Quinoa anbaut, sagt Josua Ehrhart. Es sei auch schwierig, überhaupt an das Saatgut zu kommen. Er selbst sieht in der Hinwendung zu sogenanntem Superfood eine Chance für die regionale Landwirtschaft.
Auf 36 Ar, was ungefähr einem Drittel Hektar entspricht, wachsen die Quinoa-Pflanzen bei Dächingen. Dunkelgrün sind sie und reichen bis an die Brust, wenn man durch die Reihen läuft. Einen Teil der Pflanzen hat Josua Ehrhart Anfang April gesät, einen anderen Teil einen Monat später. Auch den richtigen Zeitpunkt herauszufinden, gehört zu seinem Versuch.
Der 22-Jährige studiert im sechsten Semester Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim. Viele Bachelor-Arbeiten seien theoretisch, „ich wollte etwas Neues und Praxisnahes machen“, sagt Ehrhart. Er habe sich mit Superfood beschäftigt und sei dann auf Quinoa gestoßen. Jetzt untersucht er, wie es auf der Alb wächst und wie hoch der Ertrag ist.
„Man möchte was Neues, will innovativ sein“, erklärt der Agrarstudent den Trend zum Superfood, also zu gesunden, trendigen Lebensmit- teln. „Quinoa enthält doppelt so viel Eiweiß wie Reis und viel Eisen, Magnesium und Calcium“, beschreibt der Dächinger die Vorteile der südamerikanischen Pflanze. Gerade für Vegetarier und Veganer seien diese Eigenschaften wichtig, außerdem sei Quinoa glutenfrei. Die Zubereitungsarten sind vielfältig: Sie reichen von Brei über Brot bis zu Salat.
„Auch als Landwirt muss man innovativ sein. Hier in der Gegend ist man mit Standard-Getreide nicht konkurrenzfähig“, sagt Ehrhart. Das liege auf der Alb unter anderem am steinigen Untergrund und der flachen Bodenauflage, aber auch an der Größe der Felder. Die seien im Osten Deutschlands oder im Ausland viel größer. Und der Dächinger muss es wissen: Er reist viel in der Welt herum, um zu sehen, wie es anderswo läuft und drischt regelmäßig in den neuen Bundesländern für das landwirtschaftliche Lohnunternehmen seiner Eltern. Quinoa passe nicht nur nur zur Vielfalt auf der Alb mit den Alb-Leisa und den verschiedenen Getreidesorten wie Emmer oder Einkorn, die in Dächingen bereits angebaut und direkt vermarktet werden.
Auch vor dem Hintergrund des Klimawandels sei der Anbau sinnvoll: „Quinoa kommt mit sehr heißen Bedingungen und Trockenheit zurecht. Pro Liter Wasser bringt es mehr Ertrag als anderes Getreide“, erklärt Ehrhart. Kein Wunder: Schließlich wird es seit 6000 Jahren in den Anden auf bis zu 4000 Meter Höhe angebaut.
Der Anbau sei allerdings aufwendig, sagt Ehrhart. Oft kommt er aufs Feld, um von Hand zu hacken, denn mit der Maschine geht es anfangs nicht, weil die Pflanzen zu klein sind, dann nicht, weil sie zu hoch sind. Außerdem verwendet der Dächinger keine chemischen Pflanzenschutzmittel. Die größte Schwierigkeit sei es gewesen, ans Saatgut zu kommen, unter anderem weil die letzte QuinoaErnte schlecht war, erklärt Ehrhart. Das Saatgut, das man bekomme, sei meist an Bedingungen geknüpft, man könne beispielsweise nicht direkt vermarkten. Doch glücklicherweise habe er über eine Professorin einen Landwirt in Österreich gefunden, der noch vier Kilogramm Saatgut übrig hatte.
Vor allem möchte der 22-Jährige herausfinden, ob die Menschen vor Ort seine Arbeit wertschätzen und ob er die Quinoa vermarktet bekommt. Er rechnet mit einer Ernte von 600 Kilo. Ernten wird Ehrhart Ende August, Anfang September. Josua Ehrhart will noch ein Master-Studium draufsetzen, was danach kommt, könne er noch nicht sagen. „In der Landwirtschaft verändert sich alles so schnell.“Vorstellen könne er sich auf jeden Fall, auch einmal Hirse oder Chia-Samen anzubauen.
Dass der Quinoa-Anbau auf der Alb funktioniert, davon ist er bereits jetzt überzeugt: „Da bin ich optimistisch.“