Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Politisch korrekt, aber wie?
Es gibt immer wieder Menschen, die sich an Gemälden mit Nackten stören – Museen stehen vor neuen Herausforderungen
BREMEN (dpa) - Die Direktorin eines ethnologischen Museums möchte Aborigines ihre Sammlung zeigen. Doch die australischen Ureinwohner weigern sich, weil sie eine Frau ist. Wie geht ein Museum damit um? Wessen Werte gelten? Die der Aborigines oder die der Gleichbehandlung der Geschlechter?
„Wie ich mich auch entscheide, ich verletze das eine oder das andere“, sagte die Vizepräsidentin des Deutschen Museumsbundes, Wiebke Ahrndt. Gesellschaftspolitische Veränderungen stellen die Museen vor neue Herausforderungen. Sie müssen mehr als früher hinterfragen, welche Objekte und vor allem wie sie diese ausstellen wollen.
Mit solchen Fragen beschäftigt sich der Deutsche Museumsbund, der neulich seine Jahrestagung in Bremen abgehalten hat. Unter anderem wurde über die Frage diskutiert, welche Werte Museen vertreten und ob diese eine Haltung einnehmen sollten. „Es gibt da keine einfachen Antworten“, sagte Ahrndt, die als Direktorin das Bremer Übersee-Museum leitet. „Unsere Gesellschaft ist vielfältiger geworden.“So komme es vor, dass Einwanderer schockiert über Exponate aus alten Zeiten seien, weil sie diese als extrem rassistisch empfänden. Darunter fielen zum Beispiel Plakate mit dem SarottiMohren oder Gemälde, die exotische Ureinwohner darstellten.
Damit umzugehen ist eine Gratwanderung für die Museen. „Wir haben die große Freiheit der Kunst, die steht sogar im Grundgesetz“, sagte Ahrndt. Es gebe aber Exponate, die könne man heute nicht mehr so unsensibel ausstellen.
Ahrndt erarbeitet gerade für den Museumsbund Leitlinien, wie die deutschen Museen mit dem kolonialen Erbe in ihrer Sammlung umgehen können. „Man muss zeigen, wie verletzend und aus welchen Gründen so ein Anblick sein kann.“Doch in manchen Fällen reiche auch das nicht: „Man kann im Namen der Kunstfreiheit nicht alles in sein Haus lassen.“
Die Gesellschaft sei inzwischen viel empfindlicher bei manchen Themen, hat Ahrndt erlebt. Das sensiblisiere für die Werte anderer. „Die Frage aber ist, an welcher Stelle kippt das? Wie viel an Kontroverse und Andersartigkeit muss eine Gesellschaft aushalten? Wo setzt Zensur an?“Der Museumsbund hat auf der Jahrestagung in Bremen mit rund 400 Teilnehmern über all diese Fragen diskutiert.
„Man kann im Namen der Kunstfreiheit nicht alles in sein Haus lassen.“
Wiebke Ahrndt, Vizepräsidentin des Deutschen Museumsbundes