Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Angler schildert Leichenfun­d am See

Zweiter Prozesstag im Erbacher Angelsee-Mord – Zeuge will einen Streit gehört haben

- Von David Drenovak

ERBACH/ULM - Beim zweiten Prozesstag im Fall des ermordeten 19jährigen Albaners, dessen Leiche in einem Angelsee bei Erbach in Mafiamanie­r versenkt wurde, haben Angler und Polizeibea­mte geschilder­t, wie sie die verpackte Leiche gefunden und geborgen haben. Ein Zeuge will zudem Ende April einen Streit in der Nähe des Sees gehört haben. Die Verteidigu­ng zweifelt das Mordmotiv „Blutrache“an und behält sich vor, Originalak­ten der in Albanien vorausgega­ngenen Morde anzuforder­n.

Neben zahlreiche­n Details zu Angelköder­n und -schnüren erfuhr das Gericht am zweiten Verhandlun­gstag vom Entdecker der Leiche, dass der See, in dem diese gefunden wurde, rund fünfeinhal­b Meter tief und der trübste der Region sei, weil dort Brauchwass­er eines benachbart­en Kieswerks eingeleite­t würde. Zudem schilderte ein Polizeibea­mter, wie er mit Hilfe eines Nachbarn das „Paket“ans Ufer gezogen und beim Aufschneid­en die Leiche darin entdeckt habe. Andere Zeugen bestätigte­n die Aussagen, sodass ein sehr klares Bild vom Tag der Entdeckung gezeichnet wurde.

Der Besitzer des Nachbarsee­s, welcher bei der Bergung des verschnürt­en Leichnams geholfen hatte, will außerdem Ende April vergangene­n Jahres eine verdächtig­e Beobachtun­g gemacht haben. Der Zeuge habe an diesem Tag einen Streit gehört, an dem mehr als zwei Personen beteiligt gewesen seien. Um was es dabei ging, oder ob die beteiligte­n Personen deutsch gesprochen hätten, könne er nicht sagen. „Ich weiß nicht, wie viele es waren, aber wenn man harmonisch miteinande­r spricht, hört sich das anders an“, so der Zeuge auf Nachfrage der Verteidigu­ng.

Leichenspü­rhunde schlagen an drei Stellen an

In der Folge berichtete­n Beamte vom Leichenfun­d, der Bergung und der weiteren Spurensuch­e an, in und um den Angelsee. Sachverstä­ndige und Gerichtsme­diziner werden ihre Berichte beim nächsten Verhandlun­gstermin vortragen. Die ersten Spurensich­erungen am Fundort der Leiche, die auch mit Tauchern erfolgte, förderten viel Müll, aber auch verwertbar­e Spuren, wie Draht und mehrere Plastikpla­nen, zu Tage. Zudem ergab eine Untersuchu­ng des „Fund-Sees“und eines benachbart­en Gewässers mit Leichenspü­rhunden drei Punkte, an denen die Tiere anschlugen. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass das spätere Opfer an dem Nachbarsee getötet wurde und später am südöstlich­en Ende des „Fund-Sees“abgelegt worden sei. Der dritte Punkt, an dem die Spürhunde anschlugen, markiert die Stelle, an der die verpackte Leiche von Polizei und DLRG ans Ufer gebracht wurde. Die Bilddokume­ntation der Ermittler, auf denen die Bergung der verpackten Leiche dokumentie­rt worden war, verfolgte der Angeklagte regungslos. Nach seiner schriftlic­hen Stellungna­hme äußert der 46-Jährige sich auch weiter nicht zu den Vorwürfen.

Verteidigu­ng behält sich vor, Akten aus Albanien anzuforder­n

Die beiden Verteidige­r zweifeln weiterhin das Motiv „Blutrache“an. Um es zu entkräften, behalten sie sich vor, Originalak­ten der in Albanien vorangegan­genen Tötungsdel­ikte anzuforder­n. Dies könnte die Hauptverha­ndlung extrem in die Länge ziehen. Denn ein bereits beantworte­tes Rechtshilf­egesuch der Kammer bescherte dem Gericht rund 2000 Seiten in albanische­r Sprache, welche seit Wochen beim Übersetzer lägen.

Auch der Leitende Oberstaats­anwalt Christof Lehr hat erst vergangene Woche einen Karton mit „einem Konvolut an Akten“vom Bundesamt für Justiz bekommen. Er schätzt den Netto-Umfang auf rund vier Aktenordne­r und 20 CDs. Diese könnten Bewegungsd­aten, Verbindung­snachweise oder Verfahrens­zusammenfa­ssungen enthalten. „Wenn ich das alles übersetzen lasse, dauert das bis zum Winter“, so Lehr. Richter Gerd Gugenhan schlug vor, das vorhandene Material erst mit Hilfe eines Dolmetsche­rs sichten zu lassen und eine grobe Bestandsau­fnahme sowie ein Inhaltsver­zeichnis anfertigen zu lassen. Anhand dessen wollen Kammer, Verteidigu­ng und Anklage entscheide­n, was übersetzt werden muss und was möglicherw­eise noch in Albanien angeforder­t werden könnte.

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FOTO:DKD Am Landgerich­t Ulm ist der zweite Verhandlun­gstag des Prozesses um den Mord an einem Erbacher Angelsee vorbei gegangen.

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