Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Marx kehrt in Übergröße in seine Heimatstadt zurück
TRIER (dpa) - Das riesige rote Tuch fiel schnell und gab einen 4,40 Meter hohen Karl Marx frei, ohne sich an dessen bronzenen Ecken oder Kanten zu verhaken. 200 Jahre nach seiner Geburt feierten am Samstag in Trier die einen den weltbekannten Sohn der Stadt mit dem ersten MarxDenkmal in Deutschland seit dem Ende des Kalten Krieges. Die anderen machten ihrem Unmut darüber lautstark Luft.
Die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft, die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und der Schriftstellerverband PEN-Zentrum hatten schon vorher Kritik geübt. In Trier protestierten Opfer des Kommunismus, Anhänger der in China verbotenen Bewegung Falun Gong, AfD-Anhänger gegen ihrer Ansicht nach zu viel Jubel um Karl Marx. Während reichlich Prominenz aus Stadt, Land und Bund sowie hochrangige chinesische Delegationen bei strahlendem Sonnenschein vor dem Mega-Marx Platz nahmen, ertönten Buhrufe und Trillerpfeifen.
Zuvor hatten sich bereits vor dem Marx-Geburtshaus prominente Gratulanten versammelt. Fernsehmoderator Günther Jauch las die Geburtsurkunde vor, die sein Ur-Ur-Ur-UrGroßvater Emmerich Grach als zweiter Bürgermeister von Trier 1818 unterzeichnet hatte. Aus Paris war Frédérique Longuet-Marx gekommen: „Für mich ist Karl Marx nicht nur ein wichtiger Philosoph und Denker, der die Welt verändert hat und der heute immer noch aktuell ist. Für mich ist es auch der Ur-Ur-UrGroßvater, den ich gerne kennengelernt hätte.“
Marx als Tourismusmagnet
Mit der Marx-Skulptur des chinesischen Künstlers Wu Weishan will die Stadt Trier dem Weltrevolutionär einen festen Platz geben. „Karl Marx ist Trierer. Wir müssen ihn nicht verstecken“, sagte Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Bislang hatte sich die Stadt eher schwergetan mit dem Umgang mit Marx: Es war das Geschenk aus China, das die Stadtoberen aus der bislang gepflegten Distanz zu Marx lockte. Der Riesen-Marx soll auch eine Sehenswürdigkeit werden – und gerne auch noch mehr Chinesen nach Trier locken. Rund 50 000 im Jahr sind es bereits.