Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Streit ums Grundsätzliche
Zwischen Kreistagsfraktionen und Initiative „Geboren im Süden“verhärten sich die Fronten
NEU-ULM/ILLERTISSEN - Die Sache scheint verfahren: Im juristischen Streit zwischen den Kreistagsfraktionen von CSU, SPD und Grünen sowie der Illertisser Bürgerinitiative „Geboren im Süden“haben sich die Kontrahenten am Montag vor Gericht getroffen.
Hätten sie sich gütlich geeinigt, wäre es bei dem einen Termin geblieben, doch in vier Wochen geht es weiter. Eine Annäherung scheint nicht in Sicht, die Sache ist eben hoch emotional besetzt.
Das zeigte sich auch am Andrang bei der Verhandlung. Die musste in einen größeren Saal verlegt werden und auch dort reichten die Zuschauerplätze kaum aus. Es waren fast ausschließlich Illertisser und Anhänger der Bürgerinitiative, die offenkundig Flagge zeigen wollten zur Unterstützung von Susanna Oberdorfer-Bögel und Wolfgang Karger, die als Beklagte vor Gericht saßen.
Die Kreistagsfraktionen verlangen von ihnen eine Unterlassungserklärung, die sie aber nicht abgeben wollen. Wie berichtet, geht es um eine Passage in einem Brief an das Regierungspräsidium Schwaben, in dem es wörtlich hieß: „Zwischenzeitlich wurde an uns die Information herangetragen, dass die KPMG im Vorfeld des Bürgerentscheids im Oktober den Wahlkampf der Kreistagsfraktionen für das Ratsbegehren finanziell unterstützt haben soll.“Das werten Kreisräte als Bestechungsvorwurf.
Oberdorfer-Bögel und Karger beteuern jedoch, so sei das nicht gemeint gewesen. Es sei lediglich darum gegangen, das Gerücht der Regierung zur Überprüfung vorzulegen. Das Problem daran: Der Informant der Bürgerinitiative bestreitet, die Äußerung über das finanzielle Engagement von KPMG getan zu haben.
Unterlassungserklärung kommt nicht in Frage
Die Sprecher der Initiative haben zwar mehrfach versichert, die Behauptung nicht mehr aufrechtzuerhalten, doch sie wehren sich dagegen, eine schriftliche Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, die sie zu einer Strafzahlung verpflichtet, wenn sie es dennoch tun. Das komme einem Schuldeingeständnis gleich, argumentierte Susanne Oberdorfer-Bögel, dabei habe sie doch nur ein Grundrecht auf Meinungsäußerung wahrgenommen.
Zudem sei die Forderung der Fraktionen nicht verhältnismäßig. Nach vielen Hundert ehrenamtlich geleisteten Stunden für die Bürgerinitiative solle man nun mit der Privatschatulle haften. Wolfgang Karger beteuerte: „Es war nicht unsere Absicht, die Fraktionen als bestechlich darzustellen.“Er meint, es müsse doch möglich sein, eine solche Aussage zu treffen, ohne gleich das Risiko eines mehrere Tausend Euro teuren Prozesses auf sich zu nehmen: „Ansonsten gibt es in diesem Land keine Bürgerinitiativen mehr.“
Die Schwierigkeit liegt vermutlich woanders, wie es Richter Florian Förschner andeutete, denn die Bürgerinitiative hatte den Brief an das Regierungspräsidium auch an Zeitungen gegeben, mit der ausdrücklichen Erlaubnis, daraus zu zitieren – was dann auch im März vergangenen Jahres geschah. Dadurch wurde der Vorwurf öffentlich. Der Richter fand es zumindest fragwürdig, ob die Weitergabe des Textes gerechtfertigt gewesen sei.
Die Gegenseite besteht „wegen der Wiederholungsgefahr“darauf, dass die Vertreter der Bürgerinitiative eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichneten. Ihr Rechtsanwalt Thorsten Storp signalisierte Entgegenkommen bei den Kosten, es könne auch nur ein symbolischer Betrag vereinbart werden, „da kann man sich einigen“. Allerdings müsse halt eine Unterschrift unter eine Unterlassungserklärung geleistet werden.
Auch Richter Förschner bemühte sich zu erklären, dass dies eigentlich nicht so schlimm sei. Wenn sich jemand zu weit aus dem Fenster gelehnt habe, dann sei die Unterlassungserklärung nun mal die normale Folge: „Das ist kein schreckliches Schuldanerkenntnis.“
CSU-Fraktionsvorsitzender will gütliche Einigung
Weil sich keine Einigung abzeichnete, versuchte es der CSU-Fraktionsvorsitzende Franz Clemens Brechtel mit einem emotionalen Appell. Er sei völlig unzufrieden wie die Sache laufe, denn er wolle sie eigentlich jetzt zu Ende bringen, um den „unseligen Vorwurf“wegzubekommen, „der uns so viele Schwierigkeiten gemacht hat“. Er sei beim Bäcker, beim Metzger, im Freundeskreis darauf angesprochen worden. Die „unselige Auseinandersetzung“habe ihm viele schlaflose Nächte beschert: „Wir gehen auf Sie zu, bewegen Sie sich.“
Allerdings sahen die Beklagten die Sache anders. „Wir haben uns bewegt“, sagte Susanna OberdorferBögel. Mehrfach habe die Bürgerinitiative beteuert, sie erhalte die Behauptung nicht aufrecht. Die Unterlassungserklärung habe eine Abschreckungswirkung auf engagierte Bürger. Und, wie ihr Rechtsanwalt Tobias Börner erklärte: „Es geht um etwas Grundsätzliches.“
Damit war der erste Verhandlungstag, ein Gütetermin, ergebnislos beendet. Am Freitag, 6. April, wird weiter gerungen.