Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Keine Angst und leiser Spott
In Genf wollen sich die europäischen Autobauer von Strafzöllen nicht verunsichern lassen
GENF (dpa) - Donald Trumps Drohungen mit Strafzöllen auf europäische Autoimporte sehen die deutschen Konzerne betont gelassen. Auf dem Genfer Autosalon sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche am Dienstag, Spekulationen über das, was letztlich komme, seien genauso sinnlos wie vor der Steuerreform des USPräsidenten. BMW-Chef Harald Krüger zeigte sich optimistisch, dass es keine Strafzölle auf europäische Autoeinfuhren gebe: „Das geht nicht per Dekret des Präsidenten von heute auf morgen.“Und einige Abgeordnete lehnten das ab.
Neue Zollschranken waren neben Elektromobilität und der Zukunft des Diesels das große Thema auf der ersten europäischen Automesse 2018, die am Donnerstag für alle Besucher öffnet. Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne kritisierte dabei die EU: Ihre Reaktion auf Trumps Ankündigung von Zöllen auf Aluminium und Stahl sei nicht hilfreich. „Das ist die falsche Antwort zur falschen Zeit“, sagte Marchionne und mahnte: „Wir müssen sehr vorsichtig sein.“Statt auf jede Provokation sofort zu reagieren, sollte die Diskussion breiter geführt werden.
Der Chef des französischen PSAKonzerns und Vorsitzende des europäischen Autoverbandes Acea, Carlos Tavares, sagte, Trump äußere seine Meinung stets sehr deutlich. Aber das müsse nicht heißen, dass alles auch so komme. „Zwischen einer Verhandlungsposition und einer endgültigen Entscheidung gibt es einen Unterschied“, betonte der Lenker des Konzerns mit Marken wie Peugeot, Citroën und Opel in Genf.
Trump hatte zunächst Strafzölle auf Stahl und Aluminium angekündigt und dann mit Strafabgaben für Importautos gedroht, sollte die EU US-Produkte mit höheren Zöllen belegen. Die EU-Kommission will heute entscheiden, wie sie reagiert.
Zweitwichtigster Markt nach China
Die Steuerreform von Trump hatte den Autobauern zuletzt dicke Sondergewinne beschert. Allein VW, Mercedes und BMW verbuchten zusammen drei Milliarden Euro extra. VW-Konzernchef Matthias Müller kritisierte aber, nach jahrelangen Bemühungen um den Abbau von Zollschranken schere nun eine Nation aus. „Das ist für uns auch sehr überraschend. Jetzt muss man schauen, wie sie sich konkret verhalten.“Für Schlussfolgerungen sei es zu früh: „Wir müssen das in aller Gelassenheit bewerten und dann entscheiden.“
Auch wenn für deutsche Premiumhersteller China noch wichtiger ist als die USA: Die Vereinigten Staaten sind ein sehr bedeutender Markt. So hat BMW dort im vergangenen Jahr 353 000 Autos verkauft, Mercedes 337 000 und Audi 227 000. Sollte es doch zu Strafzöllen kommen, sieht Krüger BMW in der „besten Situation aller Wettbewerber“. Der Konzern betreibe seine größte Autofabrik in Spartanburg und sei mit den dort gebauten SUV-Modellen größter Autoexporteur der USA.
Unterdessen forderten Tavares und Krüger von der Politik mehr Anstrengungen beim Aufbau einer Elektro-Ladeinfrastruktur. Trotz geringer Nachfrage bringe die Autoindustrie die Elektromobilität voran, sagte Tavares. „Wir haben die Erwartung, dass die europäischen Regierungen sich klar dazu bekennen, dass es ein Ladenetz mit einer gewissen Dichte geben muss, bevor wir die CO2-Ziele erreichen müssen“. Krüger sagte, das Ziel, den Ausstoß des Klimagases CO2 zu senken, stehe für BMW. Aber „ohne Diesel sind die CO2-Ziele nicht erreichbar“.
Kritisch sieht Marchionne den Trend weg vom Diesel hin zu E-Autos. „Wir sind die Einzigen, die vorsichtig sind bei elektrischen Autos und beim autonomen Fahren“, sagte der Fiat-Chrysler-Chef. Das sei Zukunftsmusik, und „die Zukunft ist nicht jetzt“.
Daimler und VW gaben derweil auf der Messe weiter gut laufende Geschäfte bekannt: Im Februar verkauften Mercedes und Smart weltweit 5,4 Prozent mehr Autos als vor einem Jahr. Auch Volkswagen habe im Februar um mehr als fünf Prozent zugelegt, sagte VW-Markenchef Herbert Diess.
Autos werden in Genf dann auch noch gezeigt: 180 Aussteller präsentieren in diesem Jahr rund 900 neue Modelle. Mit dabei die Neuauflage des A6, mit der Audi in der Oberklasse wieder mit der Konkurrenz aus Stuttgart und München gleichziehen will. Die inzwischen achte Generation des nach Absatz und Gewinnbeitrag wichtigen Modells hatte am Dienstag Premiere in Genf.