Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Absage der EU an Frankfurt und Bonn
EU-Bankenaufsicht geht nach Paris, Arzneimittelagentur nach Amsterdam
BRÜSSEL (dpa) - Deutschland ist mit seinen Bewerbungen um den Sitz einer weiteren EU-Behörde gescheitert. Nach der Kandidatur von Bonn für die Arzneimittelagentur Ema fiel auch die von Frankfurt am Main für den Standort der Bankenaufsicht Eba durch, wie Diplomaten am Montagabend nach der ersten Runde einer geheimen Wahl berichteten. Ema und Eba sind derzeit in London beheimatet. Beide Behörden sollen wegen des Brexits so schnell wie möglich in eines der 27 bleibenden EULänder umziehen.
BRÜSSEL (dpa) - Paris wird neuer Sitz der aus London wegziehenden EUBankenaufsicht. Die französische Hauptstadt setzte sich am Montagabend in Brüssel in einem Auswahlverfahren gegen sieben europäische Mitbewerber durch. Dazu gehörten unter anderem Frankfurt am Main, Dublin, Wien und Luxemburg. Hauptaufgabe der Behörde und ihrer rund 170 Mitarbeiter ist die Schaffung einheitlicher Regeln für den EU-Bankenmarkt. Die ebenfalls wegen des Brexits aus London wegziehende EUArzneimittelagentur zieht nach Amsterdam um. Die niederländische Bewerbung um den Standort setzte sich am Montag in einem EU-internen Abstimmungsverfahren gegen die italienische Bewerberstadt Mailand durch. Die Entscheidung fiel nach einem Unentschieden in der Stichwahl per Los. Die deutsche Kandidatur Bonn schied chancenlos bereits in der ersten Wahlrunde aus.
Die Agenturen sind aus mehreren Gründen begehrt. Zum einen bedeutet es Prestigegewinn für ein Land, sich in diesem Wettbewerb an die Spitze setzen zu können. Zum anderen hängen vor allem an der Medizinagentur hoch qualifizierte Arbeitsplätze, sowie hochkarätige Tagungen, für die Veranstaltungsorte, Restaurants und Hotels gebraucht werden. Auch die im Schatten solcher Agenturen tätigen Verbände und Lobbyistengruppen sind eine wirtschaftlich interessante Zielgruppe für jede Stadt.
Ein Streit, wie er auf EU-Ebene zumeist an der Tagesordnung ist, wenn Pfründe zu verteilen sind, sollte diesmal unbedingt vermieden werden, nervenzerreibendes Gefeilsche sollte es nicht geben. Die Botschaft Richtung London lautet: Seht her, wir streiten uns nicht um euer Erbe, wir einigen uns wie faire und zivilisierte Partner. Diesen gesitteten Ablauf versuchte die EU-Kommission sicherzustellen, indem sie schon frühzeitig ein recht kompliziertes Auswahlverfahren vorschlug, das nach einigem Hin und Her von den Mitgliedsstaaten akzeptiert wurde.
In der ersten Runde wurde der Standort für die Arzneimittelagentur gewählt. Zunächst hatte jedes der abstimmenden 27 Mitgliedsländer sechs Stimmen, die auf drei Standorte zu verteilen waren. Also drei Stimmen für den Lieblingskandidaten, zwei Stimmen für die zweite Wahl und eine Stimme für die dritte Wahl. Mailand erhielt dabei 25 Stimmen, Amsterdam und Kopenhagen je 23. Die drei Sieger dieses Durchgangs traten dann im K.-o.-System noch maximal zweimal gegeneinander an. Bei einem Patt sollte am Ende das Los entscheiden. Deutschland hatte Bonn ins Rennen geschickt, wurde aber nur mit 3 Stimmen unterstützt. Erst in der zweiten Abstimmung war die für Deutschland deutlich wichtigere Bankenaufsicht an der Reihe. Hier bewarben sich neben Frankfurt auch Brüssel, Dublin, Luxemburg, Paris, Prag, Warschau und Wien.