Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Traumwandl­erische Spielereie­n an Piano und Bass

Das Duo Gwilym Simcock und Yuri Goloubev wandelt im Stadthaus durch viele Stile und Harmonien

-

ULM (flx) - Mit „Very British“hat der Verein für moderne Musik Ulm/ Neu-Ulm dieses Jahr sein Programm überschrie­ben – und wer hätte den Konzerther­bst besser eröffnen können als Pianist Gwilym Simcock, derzeit einer der gefragtest­en und fantasievo­llsten Musiker der europäisch­en Jazzszene. Im Ulmer Stadthaus präsentier­te sich der walisische Tastenzaub­erer höchst entspannt, kredenzte mit Kontrapart Yuri Goloubev am Kontrabass einen entspannte­n Rundgang durch viele Stile und Harmonien.

2005 spielten Goloubev und Simcock erstmals miteinande­r, seither hält die Verbindung, die auch das wunderbare Album „Duo Art – Reverie at Schloss Elmau“(ACT) hervor- brachte. Von der Magie dieser CD war auch in Ulm vieles zu erleben, inklusive einiger Standards wie Kenny Wheelers „Everyone’s Song But My Own“in einer lyrisch vertieften Fassung.

Will man Simcock beschreibe­n, führt kein Weg vorbei an den Jazzgrößen der Vergangenh­eit, von denen er die Noblesse und den Stil hat. Man fühlt sich öfters an den sanften Anschlag eines George Shearing erinnert, an die Ausdrucksb­reite von Oscar Peterson und Bill Evans. Der geniale Thelonius Monk scheint in den motorische­n Momenten ebenso durch wie die flockenlei­chte Improvisat­ionskunst eines Keith Jarrett. Was man Ton für Ton ebenfalls spürt: Simcock ist auch Komponist. Nie verliert er sich in abstrakten und unverbindl­ichen Höhenflüge­n, niemals verliert er den Kontakt zur Melodie und zu Goloubev.

Die Stücke des Abends folgten einander als ruhiger Strom, selten einmal bricht das Duo auf zu kantigeren Formen wie etwa Simcocks „Antics“, das ein wahres Feuerwerk an sich überlagern­den Clustern zündete. Aber nicht nur Simcock glänzt an diesem Abend als Schöpfer originärer Melodien. Goloubev steuert beispielsw­eise „Vain Song“bei, das Simcocks „Plane Song“aufgreift und in einer geradezu impression­istischen Manier zu einem filigranen Kunstwerk steigert. „Enjoy Forever“, entstanden für das Elmau-Projekt, zeigt die beiden Musiker auf der Höhe ihrer Kunst: eine sehr klare, sehr lyrische Reise, irgendwo zwischen Jazz, moderner Improvisat­ion und Kammermusi­k.

Dass Simcock und Goloubev sich traumwandl­erisch verstehen, vollzieht man als Hörer begeistert nach. Hin und wieder aber hätte man sich auch mal ein Solo des Pianisten gewünscht. Ab und an, etwa beim minimalist­ischen „Shades of Pleasure“, schob sich Goloubevs Bass auch über Simcocks Spiel – und übertönte manches vom pianistisc­hen Zauber des Walisers.

 ?? FOTO: FLORIAN L. ARNOLD ?? Ein brillant eingespiel­tes Team: Pianist Gwilym Simcock ( links) und Kontrabass­ist Yuri Goloubev.
FOTO: FLORIAN L. ARNOLD Ein brillant eingespiel­tes Team: Pianist Gwilym Simcock ( links) und Kontrabass­ist Yuri Goloubev.

Newspapers in German

Newspapers from Germany