Was tun mit dem Weltkulturerbe?
Diskussion Der deutsche Unesco-Botschafter kommt mit Ideen und Lob zu einer Veranstaltung der Grünen nach Augsburg. Nur über die abgedeckten Brunnen wundert er sich
Augsburg hat sich mit seinem Wassersystem den Titel Unesco-Welterbe gesichert. Und nun kam auf Einladung der Grünen zum ersten Mal der deutsche Unesco-Botschafter aus Paris, Peter Reuss, zu Besuch: Beim Kulturempfang der Stadtratsfraktion sagte der Diplomat: „Ich sehe eine weltoffene Stadt, wenn auch mit geschlossenen Brunnen“, erklärte er. Sie werden bislang im Winter abgedeckt. Reuss ermutigte die Augsburger zu einem kreativen, kulturellen und politischen Umgang mit der Auszeichnung. Wenn die Augsburger das Element Wasser, das in vielen Teilen der Welt hart umkämpft ist, auch als Friedenskomponente begreifen, werde man Augsburgs Stimme in der Welt hören.
Die Diskussion um den Umgang mit dem neuen Status Weltkulturerbe rollt erst langsam an und auch der international renommierte Diplo
brachte weder Geld noch fertige Konzepte. Er betonte vielmehr den ideellen Wert des neuen Status: „Die Unesco hat ein Zeichen gesetzt. Von Augsburg kam eben keine Bewerbung für die x-te Kirche, Brücke oder ein anderes Einzeldenkmal, sondern für ein lebenswichtiges Ressourcensystem“, erklärte er. Dass die Stadt schon in der frühen Neuzeit die Hälfte der Steuereinnahmen gemeinschaftlich für
Energiegewinnung und Hygiene einsetzte und nicht nur für die oberen Zehntausend, sei ein wichtiges Entscheidungskriterium gewesen. Dies spreche für einen frühen „Stadtgeist“, der in kreativen Prozessen lokal, national und international für Zusammenhalt und Nachhaltigkeit wegweisend sein könne. Auch bei verschlossenen Brunnen.
Aus Sicht der Grünen dürfe der Tourismus-Faktor nicht die kultumat
rellen, ökologischen Verpflichtungen, die die Auszeichnung mit sich bringe, überdecken, erklärte OBKandidatin Martina Wild. Der Kulturempfang, zu dem die Stadtratsfraktion Bürger und Kulturinstitutionen in die Kongresshalle geladen hatte, sollte einer Debatte dienen, wie Wasser als Teil des Nachhaltigkeitskonzepts in der Stadt verankert, darüber hinaus auch in der Kultur als Thema und künstlerische
Metapher verwendet werden kann. „Der Umgang mit Ressourcen spielt hier hinein, aber auch, dass ein Zuviel oder Zuwenig an Wasser Fluchtursache sein kann“, erklärt Wild. Mit „Wasser“verbinden die Grünen auch die Allianz „Sicherer Hafen“. Dieser solle sich Augsburg anschließen und sich wie andere Städte verpflichten, Flüchtlingskontingente aus den europäischen Mittelmeeranrainerstaaten aufzunehmen. Weitere Lechkanäle in der Altstadt sollten – auch wegen des Stadtklimas – frei gelegt werden. Ein zentrales Besucherzentrum für das Weltkulturerbe lehnen die Grünen ab. Sie befürworten statt dessen dezentrale Informationsstellen, eine könne zusammen mit dem Umweltbildungszentrum im Botanischen Garten entstehen, in das langfristig auch das Naturkundemuseum eingegliedert werden solle.
An dem Kulturempfang nahmen etwa 90 Interessierte teil, darunter der Intendant des Staatstheaters.