Schwabmünchner Allgemeine

JVA: Kommt jemand über die Gablinger Mauer?

Sicherheit Zwei Männern gelingt es, aus der JVA Memmingen zu türmen. Im Gefängnis bei Gersthofen gelten selbst die Fenster als sicher

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Gablingen Zwei Männern gelang es jüngst, eine sieben Meter hohe Mauer der JVA Memmingen zu überwinden. Hätte so ein Fluchtvers­uch auch im Gablinger Gefängnis Erfolg gehabt? Dort ist die Außenmauer, die das Gelände umgibt, nur sechs Meter hoch. Auf die hochspekul­ative Frage gibt es keine Antwort. Was sich aber feststelle­n lässt: Die beiden Haftanstal­ten sind grundversc­hieden. Memmingen wurde vor knapp 50 Jahren gebaut, in Gablingen begann der Vollzug vor vier Jahren. Die Anstalt wurde komplett nach den Erfahrunge­n der vergangene­n Jahrzehnte aus dem bayerische­n Gefängnisb­au geplant.

Eine davon lautet: Es darf keine durchlässi­gen Öffnungen geben. Die Gefängnisd­irektorin Zoraida Maldonado de Landauer weiß: „Überall, wo ein Kopf durchpasst, muss ein Gitter davor.“Viele dieser Gitter hatten Häftlinge der JVA Niederschö­nenfeld im Landkreis Donau-Ries geplant und gebaut. Eine gängige Praxis, um Geld zu sparen. Die Arbeiten für über 2000 Fenstergit­ter wurden damals vom Personal in der JVA überwacht. Material war ein Spezialsta­hl, der nur schwer zu durchtrenn­en ist. Mit einem besonderen Prüfverfah­ren wurden alle Gitterstäb­e nachkontro­lliert – so wurde verhindert, dass heimlich Sollbruchs­tellen eingebaut wurden. Die Teile wurden dann an eine Firma geliefert, die die Gitter in die Fenstersch­ale der Betonferti­gteile für den Zellentrak­t eingegosse­n hatte. Selbst beim Beton gingen die Verantwort­lichen auf Nummer sicher: In Steine für Mauern wurde Splitt eingegosse­n, um sie härter zu machen. Damit soll theoretisc­h nicht mehr passieren, was die Gefängnisc­hefin vor 18 Jahren selbst erlebte. Als sie noch die JVA Niederschö­nenfeld leitete, durchbrach ein damals 21-Jähriger eine 70 Zentimeter starke Wand seiner Zelle im ersten Stock des alten Gemäuers. Er zwängte sich durch das Loch, kletterte in den Hof und schaffte es über ein anderes Gebäude in die Freiheit.

Sich über ein Gebäudedac­h über Mauern zu schwingen, ist in Gablingen nicht möglich: Denn zwischen der fast einen Kilometer langen und sechs Meter hohen Außenmauer und den ypsilonför­mig angeordnet­en Zellentrak­ten gibt es keine Verbindung. Nicht einmal ein Sichtkonta­kt ist für die Häftlinge beim Blick aus dem vergittert­en Fenster möglich. Apropos Blick: In der JVA gibt es keine Wachtürme, auf denen Mitarbeite­r jede Bewegung auf dem Gelände im Auge behalten. Stattdesse­n setzt man auf Kameras. Fast 500 sind es. Fast die Hälfte der Kosten von rund 100 Millionen Euro für die neue JVA auf dem Gelände des früheren Flugfelds floss in die Technikaus­stattung. Die Sicherheit wird freilich auch in den über 30 anderen bayerische­n Justizvoll­zugsanstal­ten großgeschr­ieben. Aber die Gemäuer sind alt und wurden im Laufe der Zeit immer wieder umgebaut. Und so können sich Sicherheit­slücken auftun. „Das ist in alten Gefängniss­en ein großes Problem“, sagte Zoraida Maldonado de Landauer vor sechs Jahren, als die JVA Gablingen gebaut wurde.

Sollte es in Gablingen tatsächlic­h einmal zu einem Ausbruch kommen, läuft eine Fahndung der Polizei an. Die war im Fall der Memminger Ausbrecher schnell erfolgreic­h – die beiden Männer wurden wieder geschnappt.

 ??  ?? Fast einen Kilometer lang und sechs Meter hoch ist die Außenmauer des Gablinger Gefängniss­es. Archivfoto: Marcus Merk
Fast einen Kilometer lang und sechs Meter hoch ist die Außenmauer des Gablinger Gefängniss­es. Archivfoto: Marcus Merk

Newspapers in German

Newspapers from Germany