JVA: Kommt jemand über die Gablinger Mauer?
Sicherheit Zwei Männern gelingt es, aus der JVA Memmingen zu türmen. Im Gefängnis bei Gersthofen gelten selbst die Fenster als sicher
Gablingen Zwei Männern gelang es jüngst, eine sieben Meter hohe Mauer der JVA Memmingen zu überwinden. Hätte so ein Fluchtversuch auch im Gablinger Gefängnis Erfolg gehabt? Dort ist die Außenmauer, die das Gelände umgibt, nur sechs Meter hoch. Auf die hochspekulative Frage gibt es keine Antwort. Was sich aber feststellen lässt: Die beiden Haftanstalten sind grundverschieden. Memmingen wurde vor knapp 50 Jahren gebaut, in Gablingen begann der Vollzug vor vier Jahren. Die Anstalt wurde komplett nach den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte aus dem bayerischen Gefängnisbau geplant.
Eine davon lautet: Es darf keine durchlässigen Öffnungen geben. Die Gefängnisdirektorin Zoraida Maldonado de Landauer weiß: „Überall, wo ein Kopf durchpasst, muss ein Gitter davor.“Viele dieser Gitter hatten Häftlinge der JVA Niederschönenfeld im Landkreis Donau-Ries geplant und gebaut. Eine gängige Praxis, um Geld zu sparen. Die Arbeiten für über 2000 Fenstergitter wurden damals vom Personal in der JVA überwacht. Material war ein Spezialstahl, der nur schwer zu durchtrennen ist. Mit einem besonderen Prüfverfahren wurden alle Gitterstäbe nachkontrolliert – so wurde verhindert, dass heimlich Sollbruchstellen eingebaut wurden. Die Teile wurden dann an eine Firma geliefert, die die Gitter in die Fensterschale der Betonfertigteile für den Zellentrakt eingegossen hatte. Selbst beim Beton gingen die Verantwortlichen auf Nummer sicher: In Steine für Mauern wurde Splitt eingegossen, um sie härter zu machen. Damit soll theoretisch nicht mehr passieren, was die Gefängnischefin vor 18 Jahren selbst erlebte. Als sie noch die JVA Niederschönenfeld leitete, durchbrach ein damals 21-Jähriger eine 70 Zentimeter starke Wand seiner Zelle im ersten Stock des alten Gemäuers. Er zwängte sich durch das Loch, kletterte in den Hof und schaffte es über ein anderes Gebäude in die Freiheit.
Sich über ein Gebäudedach über Mauern zu schwingen, ist in Gablingen nicht möglich: Denn zwischen der fast einen Kilometer langen und sechs Meter hohen Außenmauer und den ypsilonförmig angeordneten Zellentrakten gibt es keine Verbindung. Nicht einmal ein Sichtkontakt ist für die Häftlinge beim Blick aus dem vergitterten Fenster möglich. Apropos Blick: In der JVA gibt es keine Wachtürme, auf denen Mitarbeiter jede Bewegung auf dem Gelände im Auge behalten. Stattdessen setzt man auf Kameras. Fast 500 sind es. Fast die Hälfte der Kosten von rund 100 Millionen Euro für die neue JVA auf dem Gelände des früheren Flugfelds floss in die Technikausstattung. Die Sicherheit wird freilich auch in den über 30 anderen bayerischen Justizvollzugsanstalten großgeschrieben. Aber die Gemäuer sind alt und wurden im Laufe der Zeit immer wieder umgebaut. Und so können sich Sicherheitslücken auftun. „Das ist in alten Gefängnissen ein großes Problem“, sagte Zoraida Maldonado de Landauer vor sechs Jahren, als die JVA Gablingen gebaut wurde.
Sollte es in Gablingen tatsächlich einmal zu einem Ausbruch kommen, läuft eine Fahndung der Polizei an. Die war im Fall der Memminger Ausbrecher schnell erfolgreich – die beiden Männer wurden wieder geschnappt.