Schwabmünchner Allgemeine

In Erinnerung an Helmut Haller

FC Augsburg In Italien feierte der Ausnahmeki­cker drei Meistersch­aften und begründete seinen Starkult. Vor dem Wiedersehe­n mit dem FC Bologna erzählt Sohn Jürgen von früher

- VON HERBERT SCHMOLL

Bella Italia – schönes Italien. Spricht Jürgen Haller über das Land südlich des Brenners, beginnen seine Augen zu leuchten. Elf Jahre (1962 bis 1973) hat der Sohn des 2012 verstorben­en Helmut Haller mit seinen Eltern und seiner Schwester auf dem Apennin gelebt. Schon als Kind hat er dieses Land schätzen und lieben gelernt. Am Samstag werden bei den Hallers Erinnerung­en an diese Zeit wach, denn der FC Augsburg empfängt zur Pflichtspi­el-Generalpro­be Hallers ehemaligen Klub FC Bologna (15.30 Uhr). Der FCA hat die Familie zu diesem Spiel eingeladen.

Bologna und die Hallers – das war eine Verbindung wie aus dem Märchenbuc­h des Fußballs. 1962 zog der Fußball-Nationalsp­ieler als einer der ersten deutschen Kicker in die Stadt in der Emilia-Romagna. Mit der Familie, seiner Gattin Waltraud und den Kindern Karin und Jürgen. Dieser war damals ein Jahr alt. Wenn der FC Bologna im eigenen Stadion spielte, saß er mit Mutter und Schwester auf der Tribüne. „Wir hatten eine große Wohnung mit geräumiger Terrasse und herrlichem Blick auf die Stadt“, erzählt Jürgen Haller. Oma und Opa kamen öfters zu Besuch, auch Freunde der Eltern.

Dass sein Vater ein bei den Italienern äußerst beliebter Fußballsta­r war, interessie­rte den kleinen Jürgen damals nicht so sehr. Das bekam er erst später in Turin mit. Dass die Leute in Bologna seinen Vater auch mehr als 50 Jahre später verehren, hat einen Grund. Er führte den VerFamilie Haller in den 60er Jahren in Bologna (von links): Jürgen, Helmut, Karin und Waltraud. Repro: Siegfried Kerpf

1964 nach mehreren Jahrzehnte­n zur bis heute letzten italienisc­hen Meistersch­aft und wurde im gleichen Jahr als erster Ausländer zum Fußballer des Jahres gewählt. Vereinsprä­sident Renato Dall’Ara, der tragischer­weise 1964 einige Wochen vor dem Titelgewin­n verstarb, hatte an „Il Biondo“einen Narren gefressen.

Sein erstes Schuljahr verbrachte Jürgen Haller noch in Bologna, jeden Tag kam der Lehrer ins Haus, erinnert er sich. In Italien wuchsen die Haller-Kinder zweisprach­ig auf. „Mein Italienisc­h ist immer noch sehr passabel“, erzählt Haller. Nach sechs Jahren in Bologna zog die Familie 1968 in den Norden nach Turin. Für eine geschätzte Ablösesumm­e von 2,5 Millionen Mark transfe

rierte Bologna Edeltechni­ker Haller zu Juventus.

Bei der „alten Dame“begann dann Jürgen Haller seine Karriere. „Ich spielte zusammen mit dem Sohn des Vereinsprä­sidenten Boniperti erst bei den Bambini und dann in der Jugendmann­schaft“, erklärt der ehemalige Profi, der sah, wie sein Vater 1972 und 1973 mit Juventus noch zwei Mal den Scudetto (Meistertit­el) feierte und im Finale des europäisch­en Landesmeis­tercups stand.

1973 kehrte der 33-fache Nationalsp­ieler nach Augsburg zurück. Sehr zum Leidwesen von Jürgen Haller. „Ich hatte in Turin meine Freunde, wollte dort bleiben.“In Deutschlan­d sollte Haller, der seit mehr als 20 Jahren eine Versicheei­n rungsagent­ur betreibt, ebenso eine ansehnlich­e Profi-Laufbahn starten. Er kickte mit dem FCA in der zweiten Liga, wechselte später für acht Jahre zu Blau-Weiß Berlin und spielte an der Spree ein Jahr mit anderen Schwaben wie Karl-Heinz Riedle oder Stefan Dinauer in der Bundesliga. Heute ist der 57-Jährige ein Aktivposte­n in der FCA-Traditions­elf.

Helmut Haller, der Mann mit den goldenen Beinen, ist in Italien ein Idol geblieben. Zur Beisetzung im Oktober 2012 schickten Bologna und Juventus Abordnunge­n nach Augsburg. „Er war der größte Spieler, den wir je hatten“, sagte damals Bologna-Sprecher Carlo Caliceti. Daher wird wohl Vereinsprä­sident Joey Saputo die Mannschaft nach Augsburg begleiten.

Für den FC Bologna, in der vergangene­n Saison auf Platz zehn in der Serie A, ist die Partie in Augsburg wichtiger Bestandtei­l der Vorbereitu­ng. Im Trainingsl­ager in Österreich verloren die Italiener gegen den 1. FC Köln mit 1:3, gegen den FC Schalke 04 siegten sie 3:2. Für knapp 50 Millionen Euro hat der Klub im Sommer unter anderem die bisherigen Leihspiele­r Riccardo Orsolini (Juventus), Roberto Soriano sowie Nicola Sansone (beide Villarreal) fest verpflicht­et.

Überschatt­et wird die Vorbereitu­ng von der schweren Krankheit des Trainers Sinisa Mihajlovic. Der 50-jährige Serbe leidet an Leukämie, bleibt aber im Amt. Er werde kämpfen und die Krankheit besiegen, sagte der ehemalige Star von Lazio Rom.

 ??  ?? In der Mannschaft des FC Bologna wurde Helmut Haller (Mannschaft­sfoto, untere Reihe, Zweiter von rechts) zum Weltstar. Sohn Jürgen, später selbst Fußballpro­fi, erlebte die Glanzzeite­n seines Vaters hautnah mit. Am Samstag empfängt der FC Augsburg Hallers ehemaligen Klub zur Pflichtspi­el-Generalpro­be. Foto: Siegfried Kerpf
In der Mannschaft des FC Bologna wurde Helmut Haller (Mannschaft­sfoto, untere Reihe, Zweiter von rechts) zum Weltstar. Sohn Jürgen, später selbst Fußballpro­fi, erlebte die Glanzzeite­n seines Vaters hautnah mit. Am Samstag empfängt der FC Augsburg Hallers ehemaligen Klub zur Pflichtspi­el-Generalpro­be. Foto: Siegfried Kerpf
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