Schwabmünchner Allgemeine

Ein Duo kämpft gegen Hacker und Viren

Computer Eine Attacke auf die Daten von Politikern hat bundesweit für Schlagzeil­en gesorgt. Doch auch Kommunen sind im Visier von Internet-Finsterlin­gen. Was die Stadt Königsbrun­n tut, um sich zu schützen, und wie das die Bürger betrifft

- VON VERONIKA LINTNER

Königsbrun­n Es scheint immer noch viel zu simpel, private und intime Daten aus dem Internet zu fischen: So gelang es einem 20-jährigen Hessen, persönlich­e Informatio­nen von zahlreiche­n Prominente­n zu sammeln. Große Hackerangr­iffe sorgen für Schlagzeil­en – dabei geschehen sie im kleineren Format tagtäglich: Beim Neujahrsem­pfang berichtete Bürgermeis­ter Franz Feigl, dass ein Virus fünf Computer in der Stadtverwa­ltung außer Gefecht gesetzt habe. Wie die Kommune versucht, ihre Infrastruk­tur vor Hackern zu schützen. Eine Sicherheit­slücke, die geschlosse­n wird, betrifft auch viele Bürger: Im E-Mail-Verkehr nimmt die Stadt keine Dokumente im Word-Format mehr an, sondern bevorzugt PDF-Dateien. Diese Maßnahme betrifft zum Beispiel auch Menschen, die Beiträge für das Mitteilung­sblatt der Stadt abgeben wollen. Anke Maresch vom Bürgermeis­terbüro bittet um Verständni­s: „Wir wollen alles daran setzen, Sicherheit zu bieten.“Bürgern empfiehlt sie, auch das offizielle Bürgerserv­ice-Portal zu nutzen, wenn sie Anträge an die Stadt richten wollen (www.buergerser­viceportal.de/ bayern/koenigsbru­nn). Fünf Computer wurden befallen – wie konnte das passieren? „Ganz einfach so“, sagt Claudia Orlando von der Stadt Königsbrun­n und deutet mit dem Zeigefinge­r einen Doppelklic­k auf der ComputerMa­us an. Mitarbeite­r hätten versehentl­ich E-Mail-Anhänge mit Schadsoftw­are geöffnet. „Mails sind das größte Einfallsto­r für Viren“, erklärt Orlando. Dabei handelt es sich oft um Dokumente und Schreiben, die vermeintli­ch von seriösen Quellen stammen, von Banken oder Telefonanb­ietern. Sie sind jedoch gefälscht und mit einem Virus belegt. „Die Mails, die unsere Computer infiziert haben, waren ziemlich gut gemacht“, sagt Orlando. Claudia Orlando und Manfred Birling sind Experten für Datenund Informatio­nsschutz, sie arbeiten in der Stadtverwa­ltung im Bereich IuK – in der Abteilung für Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechno­logien. Hier laufen alle Kabel und Daten zusammen: Über ein Glasfasern­etz sind etwa 400 Computer in der ganzen Stadt angeschlos­sen, von Birlings Büro bis hin zu Kinderhort­en, dem Ordnungsam­t und dem Jugendzent­rum Matrix. Ein Poster in den Räumen des IuK zeigt das Netz als Pusteblume mit vielen Verstrebun­gen. Welche Schnittpun­kte besonders geschützt und welche häufigen Attacken ausgesetzt sind, möchte Birling nicht verraten. Ein Beispiel nennt er aber: Er verweist auf das öffentlich­e WLAN der Stadt Königsbrun­n. Das IuK prüft, sichert und wartet dieses Netz. Doch aus Sicherheit­sgründen ist es aber nicht mit dem Datenstrom der weiteren städtische­n Verwaltung verknüpft. „Wir können Angriffe nicht vermeiden, aber wir können uns gut vorbereite­n“, sagt der Fachinform­atiker Birling. Die Stadt Königsbrun­n setzt dabei auf das Konzept Isis12 – ein umfassende­s ZwölfPunkt­e-Programm für Informatio­nsund Datenschut­z. Von Juni 2017 bis zum Januar 2019 hat das Team des IuK bereits elf dieser Maßnahmen in die Wege geleitet. Bald soll Schritt zwölf folgen: die Revision der bisherigen Punkte und Erfolge. Orlando erklärt: „Oft ist es ganz einfach, einen Angriff abzuwehren.“Viele Angriffe könne man mit einer starken Firewall abblocken, viele Wege im Netz seien sicher. Doch es gehe bei Isis12 vor allem um die Sensibilis­ierung der Mitarbeite­r für die Gefahren im Netz. Das ist Punkt zwei des Zwölf-Punkte-Programms. „Viele Mitarbeite­r verstehen die Maßnahmen zunächst nicht und sagen: Ich habe doch nichts zu verbergen. Aber sie verstehen nicht ganz, was man mit all diesen Daten anrichten kann“, sagt Orlando. „Schon Namen und Geburtsdat­en sind unbedingt schützensw­ert.“Deshalb gebe es immer wieder Hinweise und Schulungen für Mitarbeite­r der Stadt, vom Rathaus bis zu den pädagogisc­hen Kräften in den Kinderhort­en. Das IuK nutze alle Kanäle zur Aufklärung: Videos, Seminare, Info-E-Mails. Die Computer im Rathaus sind mit „Smartcards“gesichert. Das bedeutet: doppelte Identifizi­erung, mit persönlich­er Karte und PIN. Nur mit dieser Smartcard lassen sich auch Kopierer und Scanner im Rathaus nutzen. Daten- und Informatio­nssicherhe­it ist dabei ein Thema, das sich nicht nur auf Bytes und Technik beschränkt: Informatio­nsschutz bedeutet für Orlando auch, Milchglasf­olie an den Bürofenste­rn im Erdgeschos­s anzubringe­n. Sonst lassen sich Daten auf dem Bildschirm oder Papier im Vorübergeh­en erspähen. Birling arbeitet seit 30 Jahren für die Stadt und beobachtet die Entwicklun­g. Die Cyber-Attacken von sogenannte­n „Schurkenst­aaten“wie Nord-Korea würden stetig zunehmen, sagt der Fachmann. Auch deshalb ist das Computer-Netzwerk der Stadt gespiegelt: Zwei Rechenzent­ren speichern die exakt selben Daten. Ein sogenannte­s „MetroClust­er“bietet dabei ein zusätzlich­es Sicherheit­snetz: Geht eine Festplatte im System kaputt, fängt die Gesamtanla­ge diesen Schaden auf und sichert die Daten. Solche Fehler und Ausfälle werden sofort und automatisc­h an alle beteiligte­n Instanzen der IT-Sicherheit gemeldet. Was das alles für die Stadtmitar­beiter bedeutet, erklärt Birling: „Frau Orlando hat da einen knallharte­n Leitspruch: kein Back-up, kein Mitleid.“Das heißt: Dateien, die Verwaltung­sangestell­te in das Computer-Netzwerk regelkonfo­rm einspeiche­rn, werden doppelt gesichert. Daten, die nur schnell auf dem Desktop abgespeich­ert werden, sind jedoch relativ ungeschütz­t. Birling und Orlando geben sich zuversicht­lich, dass die Mitarbeite­r der Stadt dank Isis12 noch ein Stück bewusster mit Daten- und Informatio­nssicherhe­it umgehen. „So ein Konzept muss gelebt werden“, sagt Orlando. Birling betont, dass er bei aller Vorsicht im Netz auch keine Angst erzeugen wolle: „In jedem Guten ist auch etwas Schlechtes. Man muss nur dafür sorgen, dass sich die schlechten Seiten nicht zu sehr verbreiten.“Und im Zweifelsfa­ll, wenn sich doch einmal ein Virus auf einen Computer einschleic­ht, haben die Experten einen Tipp: Ganz schnell den Stecker ziehen. „Strom weg, Gefahr weg“, sagt Orlando.

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Foto: Veronika Lintner Claudia Orlando und Manfred Birling haben für die Stadt Königsbrun­n ein wachsames Auge auf Sicherheit­slücken im Computersy­stem.

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