Neuschnee: Wann wird’s für Spaziergänger gefährlich?
Wie viel Last Bäume im Wald vertragen und was auf einem Parkplatz geräumt werden muss
Landkreis Augsburg Den Winter 2006 hat Hubert Droste noch genau vor Augen: „Damals sind wir haarscharf an einer Katastrophe vorbeigeschrammt“, erinnert sich der Leiter des Forstbetriebs Zusmarshausen der Bayerischen Staatsforsten. Im Augsburger Land hatte es ununterbrochen geschneit. Stellenweise war über einen halben Meter Neuschnee gefallen. Beinahe wären viele Bäume unter der Last zusammengebrochen – eine Situation, die aktuell am Alpenrand droht. Könnte es in den kommenden Tagen auch im Landkreis kritisch werden?
„Bei 30 Zentimeter Nassschnee wird es ernst“, meint Droste. Vor allem für die Fichten, denn sie tragen noch ihr gesamtes Nadelkleid und hätten erschwerend nach einem Mastjahr noch viele Zapfen. Setzt sich der tonnenschwere Schnee auf die Zweige, dann könnte es krachen. Schon am vergangenen Wochenende sei es eng geworden. Droste: „Zehn Zentimeter mehr und wir hätten ein echtes Problem bekommen.“Auch sein Kollege Ralf Gang vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg meint: „Wir sollten die Fichten im Auge behalten.“Wer sich in den kommenden Tagen zu einem Spaziergang im Wald entschließt, sollte auf jeden Fall vorsichtig sein – auch wegen der angekündigten Sturmböen.
Mit so viel Schnee wie am Wochenende rechnet Meteorologe Klaus Hager aus Neusäß allerdings nicht mehr. „Am Mittwoch und am Donnerstag kommen vielleicht ein bis zwei Zentimeter dazu“, sagt Hager. Die Temperaturen würden am Wochenende über den Gefrierpunkt steigen. Anders am Alpenrand: In höheren Lagen komme es zu weiteren starken Schneefällen.
Die Rekordmarke im Augsburger Land brachte der Winter 2006 – nämlich über einen halben Meter Schnee. Allein 60 Zentimeter fielen innerhalb von drei Tagen in Neusäß. „Solche extreme Wetterlagen gibt es immer wieder“, sagt Hager, der früher die Geophysikalische Beratungsstelle des Jagdbombergeschwaders 32 auf dem Lechfeld leitete. Egal, ob 60 Zentimeter oder nur sechs: Eine Räum- und Streupflicht auf öffentlichen Wegen besteht immer. Wie es auf Parkplätzen aussieht, beschäftigte jüngst das Amtsgericht Augsburg. Eine Zeitungszustellerin hatte geklagt, nachdem sie im Januar 2017 auf einem Parkplatz gestürzt war.
Die Frau verletzte sich bei dem Sturz am Steißbein, Becken und Knie. Vier Wochen konnte sie nach dem Unfall nicht mehr arbeiten. Dem Eigentümer des Parkplatzes warf sie vor, dass er die glatten Stellen auf der Fläche nicht geräumt und gestreut habe. Insgesamt verlangte sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Euro. Das Gericht kam zu einem anderen Schluss.
In der Urteilsbegründung heißt es: Wer bei Glätte einen erkennbar nicht gestreuten und geräumten Weg benutzt, gehe nicht nur das Risiko eines Sturzes ein, sondern auch das Risiko, dass er vor Gericht kein Schmerzensgeld für erlittene Verletzungen bekommt.
Grundsätzlich müsse jeder Eigentümer den öffentlich zugänglichen Bereich seines Grundstücks von Eis und Schnee befreien und dafür sorgen, dass es begehbar ist. Aber: Auf Gehwegen gelten strengere Anforderungen. Auf Parkplätzen, so die Begründung des Gerichts, müsse nicht die komplette Fläche geräumt werden. Es sei ausreichend, für einen sicheren Zugang zu den abgestellten Fahrzeugen zu sorgen.
Tatsächlich hätte es auch auf dem Gelände in Bobingen sichere Wege gegeben. Diese hätte auch die Zustellerin benutzen müssen. Und: Sie hätte nach Auffassung des Gerichts absteigen und ihr beladenes Fahrrad an den glatten Stellen vorbeischieben müssen.