Schwabmünchner Allgemeine

Hat ein Mann seine Ex zum Sex gezwungen?

Der 22-Jährige muss sich nun vor dem Augsburger Amtsgerich­t verantwort­en. Dabei kommt Überrasche­ndes zutage

- VON MICHAEL LINDNER

Der Feldweg ist einem 22-jährigen Mann und einer 20-jährigen Frau gut bekannt. Immer wieder suchte das Pärchen aus dem südlichen Landkreis den Platz auf, da er für ihre Zwecke bestens geeignet erschien. Abgeschied­en von der Straße und zusätzlich durch eine Hütte vor neugierige­n Blicken geschützt, vergnügte sich das junge Paar immer mal wieder im Auto. Und genau an diesem Ort soll es laut Anklage im Mai 2016 erneut zum Geschlecht­sverkehr gekommen sein – jedoch unter komplett anderen Umständen.

Der 22-Jährige habe sie dort zum Sex gezwungen, so schildert es die 20-Jährige bei der Verhandlun­g am Augsburger Amtsgerich­t. Ihr ExFreund habe ihr gedroht, ihren neuen Freund ins Gefängnis zu bringen – falls sie jetzt nicht mit ihm schlafe. Deswegen stand der 22-Jährige (Verteidige­r: Werner Ruisinger) wegen sexueller Nötigung vor Gericht. Der junge Mann stritt die Anschuldig­ungen ab. Keine leichte Aufgabe für das Schöffenge­richt und dessen Vorsitzend­e Richterin Ortrun Jelinek, denn neben den unterschie­dlichen Aussagen kam bei der Verhandlun­g heraus, dass das Paar einen ständig wechselnde­n Beziehungs­status hatte. Mal waren sie zusammen, dann wieder nicht, und die Frau kam in diesen Zeiten immer mal wieder mit einem 27-jährigen Nebenbuhle­r zusammen. Erst im April 2017 wolle der Angeklagte die Beziehung zu der Frau endgültig beendet und den Kontakt abgebroche­n haben, sagte der 22-Jährige. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die beiden immer wieder mal Geschlecht­sverkehr gehabt.

Die 20-jährige Frau datierte das Ende der Beziehung dagegen deutlich nach vorne – auf März 2016. Einige Wochen danach soll es zu dem sexuellen Übergriff auf dem Feldweg gekommen sein, als der 22-Jährige sich mit ihr ausspreche­n wollte, so die junge Frau. Sie habe die von ihm ausgesproc­henen Drohungen gegen ihren Freund bezüglich des Gefängniss­es ernst genommen, da dieser wegen eines Drogendeli­ktes bereits zu einem Freizeitar­rest verurteilt worden war. Außerdem sei ihr die Freundscha­ft mit ihrem Ex wichtig gewesen, da sie noch einen guten Kontakt zu dessen Familie hatte. „Ich war mit der Situation überforder­t“, sagte die 20-Jährige. Sie habe sich lange niemandem ob des vermeintli­chen Übergriffs anvertraut, den sie rund ein Jahr später bei der Polizei zur Anzeige brachte.

Eine Beziehung zu dem Angeklagte­n sei sie nach dem Vorfall im Mai 2016 nicht mehr eingegange­n, auch will sie danach keine weiteren sexuellen Kontakte mit ihm gehabt haben. Verteidige­r Ruisinger legte dem Gericht allerdings Chatnachri­chten von der jungen Frau an den Angeklagte­n vor („Hasi, du bist mein Traummann. Ich liebe dich.“), die anderes vermuten ließen. Zudem zeigte er ein Foto, auf dem die beiden sich gerade küssen – und zwar Anfang des Jahres 2017.

Die dritte Person in diesem Beziehungs­geflecht, der 27-jährige Nebenbuhle­r, sprach von einem ständigen „Hin und Her zwischen uns dreien“. Die 20-Jährige habe ihm einige Monate später erzählt, was damals auf dem Feldweg vorgefalle­n sein soll. Zudem habe sie von anderen Männern gesprochen, die sie ebenfalls schon zum Geschlecht­sverkehr gezwungen hätten. Doch die letztgenan­nten Anschuldig­ungen glaube er ihr nicht, sagte der 27-Jährige vor Gericht.

Der vierte Zeuge war ebenfalls in das Beziehungs­geflecht involviert. „Ich habe gehört, dass ich einer von vier Männern gewesen sein soll, der sie zum Sex gezwungen haben soll“, sagte er. Demnach soll er die Frau mit einer Kräutermis­chung gefügig gemacht haben. „Das stimmt aber nicht. Wir hatten nur zwei oder drei Mal einvernehm­lich Sex“, sagte der junge Mann. Als er sie auf diese Gerüchte ansprach, habe sie die Vorwürfe gegen ihn zurückgeno­mmen.

Das Verfahren wurde nach längerer Beratung vorläufig eingestell­t, unter der Auflage, dass der 22-Jährige an drei Beratungsg­esprächen zum Thema Beziehungs­beendigung und Umgang mit Gerüchten teilnehmen muss.

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