Hat ein Mann seine Ex zum Sex gezwungen?
Der 22-Jährige muss sich nun vor dem Augsburger Amtsgericht verantworten. Dabei kommt Überraschendes zutage
Der Feldweg ist einem 22-jährigen Mann und einer 20-jährigen Frau gut bekannt. Immer wieder suchte das Pärchen aus dem südlichen Landkreis den Platz auf, da er für ihre Zwecke bestens geeignet erschien. Abgeschieden von der Straße und zusätzlich durch eine Hütte vor neugierigen Blicken geschützt, vergnügte sich das junge Paar immer mal wieder im Auto. Und genau an diesem Ort soll es laut Anklage im Mai 2016 erneut zum Geschlechtsverkehr gekommen sein – jedoch unter komplett anderen Umständen.
Der 22-Jährige habe sie dort zum Sex gezwungen, so schildert es die 20-Jährige bei der Verhandlung am Augsburger Amtsgericht. Ihr ExFreund habe ihr gedroht, ihren neuen Freund ins Gefängnis zu bringen – falls sie jetzt nicht mit ihm schlafe. Deswegen stand der 22-Jährige (Verteidiger: Werner Ruisinger) wegen sexueller Nötigung vor Gericht. Der junge Mann stritt die Anschuldigungen ab. Keine leichte Aufgabe für das Schöffengericht und dessen Vorsitzende Richterin Ortrun Jelinek, denn neben den unterschiedlichen Aussagen kam bei der Verhandlung heraus, dass das Paar einen ständig wechselnden Beziehungsstatus hatte. Mal waren sie zusammen, dann wieder nicht, und die Frau kam in diesen Zeiten immer mal wieder mit einem 27-jährigen Nebenbuhler zusammen. Erst im April 2017 wolle der Angeklagte die Beziehung zu der Frau endgültig beendet und den Kontakt abgebrochen haben, sagte der 22-Jährige. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die beiden immer wieder mal Geschlechtsverkehr gehabt.
Die 20-jährige Frau datierte das Ende der Beziehung dagegen deutlich nach vorne – auf März 2016. Einige Wochen danach soll es zu dem sexuellen Übergriff auf dem Feldweg gekommen sein, als der 22-Jährige sich mit ihr aussprechen wollte, so die junge Frau. Sie habe die von ihm ausgesprochenen Drohungen gegen ihren Freund bezüglich des Gefängnisses ernst genommen, da dieser wegen eines Drogendeliktes bereits zu einem Freizeitarrest verurteilt worden war. Außerdem sei ihr die Freundschaft mit ihrem Ex wichtig gewesen, da sie noch einen guten Kontakt zu dessen Familie hatte. „Ich war mit der Situation überfordert“, sagte die 20-Jährige. Sie habe sich lange niemandem ob des vermeintlichen Übergriffs anvertraut, den sie rund ein Jahr später bei der Polizei zur Anzeige brachte.
Eine Beziehung zu dem Angeklagten sei sie nach dem Vorfall im Mai 2016 nicht mehr eingegangen, auch will sie danach keine weiteren sexuellen Kontakte mit ihm gehabt haben. Verteidiger Ruisinger legte dem Gericht allerdings Chatnachrichten von der jungen Frau an den Angeklagten vor („Hasi, du bist mein Traummann. Ich liebe dich.“), die anderes vermuten ließen. Zudem zeigte er ein Foto, auf dem die beiden sich gerade küssen – und zwar Anfang des Jahres 2017.
Die dritte Person in diesem Beziehungsgeflecht, der 27-jährige Nebenbuhler, sprach von einem ständigen „Hin und Her zwischen uns dreien“. Die 20-Jährige habe ihm einige Monate später erzählt, was damals auf dem Feldweg vorgefallen sein soll. Zudem habe sie von anderen Männern gesprochen, die sie ebenfalls schon zum Geschlechtsverkehr gezwungen hätten. Doch die letztgenannten Anschuldigungen glaube er ihr nicht, sagte der 27-Jährige vor Gericht.
Der vierte Zeuge war ebenfalls in das Beziehungsgeflecht involviert. „Ich habe gehört, dass ich einer von vier Männern gewesen sein soll, der sie zum Sex gezwungen haben soll“, sagte er. Demnach soll er die Frau mit einer Kräutermischung gefügig gemacht haben. „Das stimmt aber nicht. Wir hatten nur zwei oder drei Mal einvernehmlich Sex“, sagte der junge Mann. Als er sie auf diese Gerüchte ansprach, habe sie die Vorwürfe gegen ihn zurückgenommen.
Das Verfahren wurde nach längerer Beratung vorläufig eingestellt, unter der Auflage, dass der 22-Jährige an drei Beratungsgesprächen zum Thema Beziehungsbeendigung und Umgang mit Gerüchten teilnehmen muss.