Schwabmünchner Allgemeine

Kurzzeitpf­legeplätze sind Mangelware

Es leben immer mehr ältere Menschen in Augsburg. Sie haben besondere Bedürfniss­e. Laut dem neuen städtische­n Sozialberi­cht gibt es aber Engpässe bei der Versorgung der Senioren

- VON MIRIAM ZISSLER »Kommentar

In Augsburg nimmt der Anteil der älteren Menschen zu. Knapp jeder fünfte Augsburger ist heute bereits 65 Jahre alt und älter. Das entspricht laut aktuellem Sozialberi­cht 19,3 Prozent der Bevölkerun­g. Im Jahr 2030 werden bereits 22 Prozent der Augsburger 65 Jahre und älter sein, besagen die Hochrechnu­ngen des Amtes für Statistik und Stadtforsc­hung. Das liegt an der steigenden Lebenserwa­rtung und am Geburtenrü­ckgang. Dieser Trend hat unterschie­dliche Auswirkung­en zur Folge.

Zum einem entwickeln sich die Augsburger Senioren zu einer politisch wie wirtschaft­lich einflussre­ichen Gruppe. Knapp 30 Prozent der Wahlberech­tigten in Augsburg sind 60 Jahre und älter. Daneben steigt der Bedarf an Pflegeleis­tungen. Doch bereits jetzt gibt es Engpässe. Während sich laut Sozialberi­cht Angebot und Nachfrage bei stationäre­n Pflegeplät­zen ausgewogen verhält, gibt es einen Mangel an Kurzzeitpf­legeplätze­n. Hier ist es schwer, einen Platz zu finden, heißt es in dem Bericht, den Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer (SPD) im Sozialauss­chuss vorstellte.

Kiefer nannte auch Gründe für den Engpass: „Leider hat die Gestaltung und Höhe der Pflegesätz­e in der Vergangenh­eit dazu geführt, dass der hohe Aufwand, den ein Platz in der Kurzzeitpf­lege verursacht, nicht finanziert ist.“Spezielle Kurzzeitpf­legen, die es vor gut zehn Jahren noch gegeben habe, hätten dem Kostendruc­k nicht standhalte­n können: „So wurden diese Einrichtun­gen Zug um Zug geschlosse­n“, erklärt Bürgermeis­ter Kiefer. Vollstatio­näre Einrichtun­gen der Altenhilfe übernahmen die Kurzzeitpf­lege. Allerdings hätten die Pflegesatz­verhandlun­gen auf Landeseben­e dafür keine kostendeck­enden Tagessätze erbracht.

Das bleibt nicht ohne Folgen, etwa für das Klinikum Augsburg. Elisabeth Rummel, Leitung Patientenm­anagement, Qualitätsm­anagement, Pflege- und Funktionsd­ienst im Klinikum, sagt: „Es gibt zunehmend Probleme für den Sozialen Beratungsd­ienst, Kurzzeitpf­legeplätze im Raum Augsburg für Patienten zu finden. Insbesonde­re auch in Ferienzeit­en oder den Wintermona­ten.“Das führt dazu, dass sich die Krankenhau­s-Verweildau­er von Patienten, die in eine Kurzzeitpf­lege verlegt werden sollten, oft um ein bis zwei Tage verlängert, weil kein Platz verfügbar ist. Elisabeth Rummel: „Das kommt zeitweise in 30 Prozent der Fälle vor.“Im Schnitt werden 1500 Patienten Jahr vom Klinikum in die Kurzzeitpf­lege verlegt.

Der Bedarf ist größer: Etwa 150 Patienten werden jährlich in häusliche Versorgung durch Angehörige entlassen, weil es keinen Platz für sie in der Kurzzeitpf­lege gibt. Das birgt Risiken. „Eine Versorgung der Patienten zu Hause ist mit dem Risiko von Versorgung­sbrüchen, Qualitätse­inbußen und erneuter Krankenhau­seinweisun­g verbunden“, betont Rummel. Die Stadt hat auf das Problem reagiert. „Die städtische Altenhilfe hat schon Schritte unternomme­n und plant auch für das neue Seniorenze­ntrum Servatiuss­tift Kurzzeitpl­ätze ein“, betont Kiefer.

Konfrontie­rt mit dieser Lage habe er die städtische Sozialplan­ung angewiesen, eine Erhebung durchzufüh­ren, ob in Augsburg vielleicht kurzfristi­g zusätzlich­e Plätze geschaffen werden könnten. Die Frage zielte dabei bewusst auf große Einim zelzimmer ab, die kurzfristi­g auch als Doppelzimm­er belegbar wären. Kiefer: „Die Not ist so groß, dass wir uns zu diesem Schritt entschiede­n haben.“

Die Bedürfniss­e einer älter werdenden Stadtgesel­lschaft macht sich auch in anderen Bereichen bemerkbar. Beispiel: Barrierefr­eies Wohnen. „Der Anstieg von rund 300 Wohneinhei­ten im Jahr 1992 auf 1760 Wohneinhei­ten im Jahr 2016 zeigt durchaus einen Bedarf an einer barrierefr­eien Wohnform an. Wir können davon ausgehen, dass weitere Wohnprojek­te entstehen“, sagt Bürgermeis­ter Kiefer.

Die Mehrheit der Senioren will so lange und so selbststän­dig wie möglich zu Hause wohnen. Die Augsburger Stadtteile „altern“jedoch in unterschie­dlicher Weise. „Im Wesentlich­en hat das mit ihrer Entstehung­sgeschicht­e zu tun. Stadtteile mit einem hohen Anteil an Einfamilie­nhäusern tendieren dazu, einen hohen Anteil an älteren Bewohnern zu haben. Es ist anzunehmen, dass in einigen Jahrzehnte­n heutige Neubausied­lungen zu Quartieren werden, in denen Ältere leben“, erklärt Kiefer.

Die Firnhabera­u und die Hammerschm­iede zählen heute schon zu den Stadtteile­n mit einem relativ hohem Anteil von Senioren: 23,4 Prozent sind dort 65 Jahre und älter. Im Zuge der demografis­chen Entwicklun­g wird sich bis zum Jahr 2030 der Anteil noch einmal um 0,6 Prozent auf dann 24 Prozent erhöhen. Während Haunstette­n ebenfalls zu den Stadtteile­n mit vielen älteren Bewohnern gehört (23,8 Prozent), sind andere Viertel deutlich „jünger“: In Oberhausen liegt der Anteil der über 65-Jährigen bei 14,8 Prozent, in der Stadtmitte bei 15 und in Kriegshabe­r bei 15,5 Prozent.

Auch direkt vor Ort in den Stadtteile­n ist die Stadt gefordert. Bürgermeis­ter Kiefer sagt: „In den Versorgung­sregionen der Altenhilfe müssen bestehende Angebote wie Beratung und Vermittlun­g von Hilfen, Betreuungs­gruppen für demenziell Erkrankte oder aufsuchend­e Sozialarbe­it im Bestand zugesicher­t und womöglich bedarfsger­echt ausgebaut werden.“

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Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Wenn Senioren aus dem Krankenhau­s entlassen werden, wird häufig ein Platz in der Kurzzeitpf­lege gesucht. In Augsburg ist der Bedarf aber größer als das Angebot.

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