Unsinn an der Uni
Am großen Teich auf dem Campus kommen Studenten auf Ideen. Und auf was für welche!
Was haben Schuhe aus Knallfolie, ein Architekturpavillon in Barcelona, Reusenfischerei und Avocadopflanzen gemeinsam? Für mich und einige meiner Freunde haben diese Dinge viel miteinander zu tun. Sie beschäftigten uns in Klausurenphasen, die dank unserer neuen Hobbys noch an Intensität gewannen.
Meine Geschichte sollte wohl am großen Teich der Universität Augsburg beginnen. Neben Bänken, Koi-Karpfen, exotischen Entenarten und einer Schildkröte kommen hier geplagte junge Menschen bei gutem Wetter zusammen und reden über ihren Alltag.
So saßen wir da und sprachen über Ausreden und Ausflüchte, die uns vom Lernen abhielten. Recht einstimmig folgte dann ein Ergebnis: Aus Klassikern wie Wäsche machen, Geschirrspülen und Wohnung putzen waren wir längst herausgewachsen. Meine Armbanduhr zeigte 14.15 Uhr und seit 14 Uhr wollte ich fest entschlossen in der Bibliothek sitzen. Aber wir mussten – ich sage hier bewusst „mussten“– unbedingt noch eine Liste unserer glorreichsten Arbeitsaufschubabenteuer erstellen.
Beginnen wir mit dem Schuh aus Knallfolie. Das war die großartige Idee eines Freundes. Ganz in akademischer Manier hatte seine Beschäftigung mit diesem ungewöhnlichen Gegenstand eine wissenschaftliche Grundlage: Eine Havard-Studie besagt, dass das Aufplatzenlassen von Knallfolie, wie man sie aus Paketen kennt, glücklich macht. Um eine Steigerung des Effekts zu erzielen, kam der Student auf die Idee, sich Schuhe aus Knallfolie zu basteln.
Erfindergeist und Kreativität waren zwar irgendwo vollkommen vereint. Doch musste er zu seinem und unserm Bedauern feststellen, dass der Schuh weniger effektiv war als angenommen. Der erhoffte große Knaller blieb aus. Hier sollte ich betonen: Wir studieren weder Physik noch Ingenieurwesen.
Ein anderes sehr erwähnenswertes Projekt war der Versuch, ein fuvon turistisches Lebkuchenhaus nach dem Vorbild des Mies-van-der-Rohe-Pavillons in Barcelona zu backen. Wer sich diesen Pavillon einmal genauer ansieht und einige Erfahrungen im Backen von Lebkuchenhäusern hat, wird den Umfang des Projekts verstehen und schätzen. Es ist schwer, schwer, schwer zu realisieren.
Doch auch meine geistige Ablenkung kann sich in dieses ruhmreiche Kapitel der Verdrängung von Klausurenlernstoff einreihen. Eine fast ganztägige Recherche über die Geschichte der Reusenfischerei war mein wohl unbrauchbarstes Abenteuer. Wie genau ich auf dieses Thema kam, ist mir bis heute ganz unverständlich.
Letztendlich sollte ich aber noch von Boris erzählen. Boris ist eine mittlerweile ein Meter große Avocadopflanze eines Freundes. Mithilfe Tipps verschiedener Mitglieder diverser Pflanzenforen wuchs sie zu ihrer heutigen Pracht heran. Sollten Sie, lieber Leser, einen jungen Mann mit einer Avocadopflanze in Augsburg sehen, dann kennen Sie des Rätsels Lösung: Er hat Boris im Arm und das Wohl und Wehe seiner Topfpflanze wohl mehr im Blick als seine Studienlektüre.
Aber bilden Sie sich bitte kein vorschnelles Urteil! Ich will mit meinen Geschichten weder das Bild des faulen Studenten erhärten. Ich will auch nicht respektlos gegenüber dem akademischen Betrieb oder dem Steuerzahler sein. Vielmehr bietet der Uniteich in Augsburg die Gelegenheit, neben der ganzen Ernsthaftigkeit und schlechten Luft vom langen Denken auch mal dem Unsinn Raum zu geben.
So kommt es vielleicht auch dazu, dass mir diese Erinnerungen an mein Studentenleben am längsten im Gedächtnis bleiben werden. Es sind diese besonderen Orte, die das Lachen – und manchmal auch ein bisschen Weinen – zusammenführen und von denen wohl jede Universität einen hat. In Augsburg ist das der Uniteich.