Köstliche Dialoge aus der Sauna und S Bahn
Volksschauspieler Winfried Frey zeigt sich in Neusäß von einer ganz neuen Seite – aber im falschen Ambiente
Ein Kabarett-Abend unter dem Titel „Endlich Frey!“weckt Erwartungen. Befreit sich da einer, wirft er alles von sich und überschreitet er Grenzen? Winfried Frey ist hier so frei, über seine vielen Talente als Schauspieler, Regisseur und Autor hinaus mal ganz allein eine Bühne mit seinen Geschichten und Figuren zu füllen. In Neusäß stellte er nun sein erstes selbst geschriebenes Programm vor. Doch so charmant der beliebte Volksschauspieler auch mit seinem Publikum flirtet – nicht alle Gags zünden. Was bei einer Party oder in einem Kellertheater Lachsalven auslösen würde, funktioniert weniger gut in der sachlich-kühlen Atmosphäre der Stadthalle.
Skurril ist unser Alltag, zunehmend verunsichert deshalb auch die Menschen darin. Freiheit? Ja mei, wie der Oberbayer Frey sagen würde. Und damit hangelt er sich durch die absurden Alltagsgängelungen des Telekom-Kundendienstes, des Baumarkts und des „Horrorladens“Fitness-Studio („Turne bis zur Urne!“). Sein Alter Ego kämpft aber auch gegen die Krisen der Lebensmitte, gegen den Gesundheitswahn der Ehefrau und die Bosheiten der Nachbarn.
Frech und selbstironisch tritt er an, so wie man ihn von vielen Rollen im Fernsehen (vor allem aus den zahllosen bayerischen Serien) und auf der Bühne kennt. Ein Schlitzohr, das mit wenigen Requisiten in verschiedenste Rollen schlüpft. Den Boanlkramer als Dichter oder seine Parodien auf Beckenbauer und Reich-Ranicki stellt er souverän dar, sehr zum Vergnügen des Publikums. Immer mehr wird das lässige Erzählen selbst zum Mittelpunkt des Abends, die Pointen treten eher in den Hintergrund, auch wenn er gezielt unkorrekte Provokationen streut wie gegen Griechen, Veganer, Dicke und schwatzhafte „fränkische Mauldaschen“.
Zu ganz großer Form läuft der Jung-Kabarettist auf, wenn er sich auf sein größtes Talent stützt: die Schauspielerei. Dabei gelingen dem Volksschauspieler köstliche Dialoge und Typen. Deshalb wünscht man sich auch mehr von den Szenen wie der S-Bahn-Fahrt, bei der Frey die laute Dauertelefoniererin („faltenlose Botox-Anten“), zwei mitleiderregende 60er-Fans sowie ein angetrunkenes Männerquartett sehr amüsant spielt. Oder wie dem Sauna-Besuch, bei dem er erkannt wird, ausgerechnet von einem Fan mit „Heavy-Metal“-Piercings am ganzen Körper. So gewinnt er selbst Geschichten mit langem Bart noch amüsante Facetten ab.
Frei ist Winfried Freys KabarettFigur nicht wirklich, aber ihr Kampf darum trägt wirklich komische Züge, wenn er beispielsweise seine Mithilfe im Haushalt mit einem empörten „Ich trage die Verantwortung für die Familie!“ablehnt. Letztlich hält er es aber mit seinem Beckenbauer-Imitat: „Nachgedacht, also, das habe ich noch nie. Und das kann ich beweisen!“