Sächsische Zeitung (Weißwasser)
Halb Zgorzelec kämpft für krebskranken Familienvater
Die Geschichte eines 46-Jährigen, der an einer seltenen Krebsart erkrankt ist, hört sich dramatisch an. In Zgorzelec findet man kreative Wege, um Spenden zu sammeln.
Zgorzelec. Aktuell steht eine Pediküre zur Versteigerung. Und Schmuck. Vor einigen Tagen eine Kosmetikbehandlung. Einen Couchtisch konnte man schon ersteigern, eine Torte, Friseurbesuche, ein Monatsabo fürs Fitness-Studio. Die Liste ist lang. Der Erlös der Facebook-Versteigerungen auf der anderen Neißeseite geht an einen Man namens Mariusz. Er ist 46 Jahre alt, kommt aus Sulikow rund zehn Kilometer südlich von Zgorzelec, und ist an einer besonders schweren Krebsform erkrankt. Überprüfen lässt sich seine Geschichte aktuell von deutscher Seite aus nicht. Fest steht: In Zgorzelec und Umgebung nehmen viele
Menschen Anteil am Schicksal des Mannes - und finden viele Wege, Geld für seine Behandlung zu sammeln
Aufmerksam wurden viele offenbar durch einen Spendenaufruf auf Siepomaga.pl, eine große Spenden-Plattform in Polen. Dort beschreibt Mariuszs Frau, wie ihr Mann sich vorigen Herbst erstmal einfach schnell müde fühlte. Wie eine Krankenhausuntersuchung den ersten Schock brachte: Darm- und Leberkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium. Später seien Metastasen in weiteren Organen entdeckt worden. Eine Darm-OP und Chemotherapie brachten Hoffnung, auf die dann doch wieder Enttäuschung und vor allem Ohnmacht
folgten. Es habe sich herausgestellt, das Mariusz an einer seltenen BRAF-Mutation leidet, bei der sich Krebszellen extrem schnell vermehren.
„Die Möglichkeiten einer erstattungsfähigen Behandlung in Polen sind beendet“, fasst Mariuszs Frau trocken zusammen. „Mariusz erhält eine palliative Chemotherapie“. Doch die Familie, Mariusz hat vier Kinder, will nicht aufgeben, solange es den „Schatten einer Hoffnung“gebe. In Polen gebe es noch die Möglichkeit einer speziellen Chemotherapie, außerdem stehe die Familie in Kontakt zu Krankenhäusern in Deutschland und Spanien. Je nachdem würden die Behandlungskosten bei knapp 50.000 bis zu 600.000 Zloty liegen, die die Familie aber selbst aufbringen muss.
Für die Echtheit der Geschichte spricht die weite Verbreitung – und die große Unterstützung. Zum Beispiel der Regionalsender TVZ Zgorzelec und die NachrichtenPlattform zgorzelec.info veröffentlichten den Spendenaufruf. Die Feuerwehr von Radmeritz lädt am 4. Mai zum „Tag der Feuerwehr“ein - mit Spendenaufruf für Mariusz.
Einen Tag zuvor kann man tanzen gehen, Unterstützer von Mariusz in Studniska Górne laden ins Dorfhaus zum Wohltätigkeitsball. In Studniska Dolne, ebenfalls ein Dorf bei Zgorzelec, fand vor zwei Wochen gar ein kleines Spenden-Festival statt. Auch hier war die Feuerwehr des Ortes mit an Bord - die außerdem eine Schrottsammlung organisierte. Und dann ist da noch die Versteigerungsaktion auf Facebook, auf die sogar der Zgorzelecer Bürgermeister Rafal Gronicz verweist. Daran beteiligen sich vor allem kleinere Unternehmen aus der Region, ein Fitnessstudio in Żarska Wieś nahe Zgorzelec, ein Zgorzelecer Kosmetikstudio, eine mobile Pediküre-Anbieterin aus Zawidów im Dreiländereck. Es scheinen auch Angebote von Privatpersonen dabei zu sein, wie die Frau, die den Couchtisch gespendet hat. Auch in Görlitz recht bekannt ist zum Beispiel die Zgorzelecer Kleinbäckerei Czarna Caffka. Jeder Versteigerungspost verweist auf die große Spendenaktion auf Siepomaga.pl: Alleine bis zum Wochenende gingen über 200.000 Zloty von knapp 3.000 Menschen ein.