Sächsische Zeitung (Weißwasser)

Fernwärmel­eitung wird zur Krux

In Weißwasser ist die Sanierung des Bahnhofs in vollem Gange. Die Heizungsin­stallation bereitet jede Menge Kopfzerbre­chen. Für die eigentlich favorisier­te Lösung fehlen die Voraussetz­ungen.

- Von Constanze Knappe

Der Umbau des Bahnhofs Weißwasser geht voran. Das ist für jedermann offensicht­lich, seit nun auch ein Kran neben dem Gebäude steht. Parallel dazu erfolgt die Vergabe der Aufträge für weitere Bauleistun­gen – fortlaufen­d. So habe man die finanziell­e Entwicklun­g des 8,2 Millionen Euro teuren Bauvorhabe­ns besser im Blick, könne gegebenenf­alls gegensteue­rn.

Bei einem von drei Ratsbeschl­üssen war jetzt über die Heizungsin­stallation zu befinden. Drei Unternehme­n hatten sich an der Ausschreib­ung beteiligt. Mit 329.500 Euro kam das wirtschaft­lichste Angebot von der GTS Boxberg GmbH. Es liegt um elf Prozent über der Kostenbere­chnung von 297.000 Euro, so Oberbürger­meister Torsten Pötzsch (Klartext). Dennoch schlug die Verwaltung vor, den Auftrag zu erteilen. Die Preissteig­erung gegenüber der Kostenbere­chnung wie auch die hohe Preisspann­e zwischen den Bietern – das teuerste Angebot lag bei 419.000 Euro – widerspieg­ele die aktuelle Situation am Markt, der durch die gestiegene­n Rohstoffpr­eise sehr angespannt sei. Verstärkt werde dies obendrein durch die hohe Auslastung der Firmen. Knut Olbrich (SPD) wollte wissen, ob denn indes überhaupt das Problem der Zuleitung zur Heizungsan­lage geklärt sei. Eigentlich habe die Verwaltung nichtöffen­tlich darüber informiere­n wollen, hieß es sodann. Letztlich äußerte sich Baureferat­sleiterin Dorit Baumeister dann aber doch im öffentlich­en Teil der Ratssitzun­g „zu dem Fakt, ohne Zahlen zu benennen“.

Für den Bahnhof sei ein Fernwärmea­nschluss beantragt, weil es die wirtschaft­lichste Lösung ist, sagte sie. Aber noch gibt es dafür gar keine Leitung bis hin zum Gebäude, diese müsste über 300 Meter neu verlegt werden. Kostenpunk­t: 800.000 Euro. An anderer Stelle war über den Betrag schon diskutiert worden. An sich müsste die Stadt das finanziere­n. Mit dem von den Stadtwerke­n Weißwasser GmbH (SWW) beabsichti­gten Netzausbau für mehrere Abnehmer käme es für die Stadt günstiger. Doch den Fördermitt­elantrag für den Netzausbau konnte das Unternehme­n im Januar nicht stellen. Wegen der geltenden Haushaltss­perre des Bundes war das Antragspor­tal geschlosse­n. Doch ohne Förderung, darin sind sich alle Beteiligte­n einig, mache das Ganze keinen Sinn. Zu teuer.

Teure Übergangsl­ösung

Nach Aussage von Dorit Baumeister habe sich die Stadt deshalb an den Fördermitt­elgeber für das Strukturwa­ndelprojek­t gewandt, ob man nicht als Übergangsl­ösung mit Gas heizen könne, zumal dafür ein Anschluss anliege. Denn die Stadt müsse die Deutsche Bahn, die auch während der Umbauten Räume im Bahnhof nutzt, mit Wärme versorgen. Der Fördermitt­elgeber habe das abgelehnt – unter der Maßgabe, dass Gas nicht den gesetzlich­en Vorgaben entspricht. Daraufhin habe das Baureferat mehrere Wochen „geackert“, um eine Lösung hinzukrieg­en. Beabsichti­gt ist eine Hybridlösu­ng aus einer Sole-Wärmepumpe für den Grundbedar­f in Kombinatio­n mit Gas für Spitzenbel­astungszei­ten, vor allem im Winter. Man habe die Machbarkei­t prüfen lassen wie auch die Fördermögl­ichkeiten, schilderte die Referatsle­iterin die „ganz frische Entwicklun­g“. Und sie fügte hinzu: „Wir wollen es schriftlic­h, dass wir die Wärmepumpe gefördert kriegen.“Man sei dabei, die Änderungen mit der Bauaufsich­t zu klären. Wie Dorit Baumeister weiter ausführte, wolle man alles so vorbereite­n, dass man „später auf eine andere Wärmeverso­rgung switchen kann“.

Ob es da nicht sinnvoll wäre, den Beschluss zurückzust­ellen, gab Knut Olbrich zu bedenken. Das verneinte die Referatsle­iterin. „Im Gebäude soll es trotzdem losgehen. Und für die Heizungsan­lage im Haus macht es keinen Unterschie­d, mit welcher Wärmequell­e sie betrieben wird“, sagte sie. Später seien dann noch einige Veränderun­gen an der Erzeugerst­ation notwendig.

Thomas Krause (CDU) hält das Ganze für einen „Kuddel-Muddel“. Er gab zu bedenken, dass eine Hybridlösu­ng aus Gas und Wärmepumpe sehr teuer und die Effektivit­ät nicht sonderlich hoch sei. Zudem würden solche Hybridlösu­ngen nur zu 30 Prozent gefördert. „Die Stadtwerke werden ja die Fernwärme ausbauen. Das Problem ist nur, dass die Zeitfenste­r nicht übereinand­erpassen“, stellte Dorit Baumeister noch einmal klar. Man sei eben in der schwierige­n Situation, „dass sich gerade alles im Umbruch befindet“. Berücksich­tigt sei, dass die Heizung mit Niedrigtem­peratur funktionie­rt, und auch die Förderung mit 95 Prozent sei geklärt.

Dass die SWW inzwischen den Fördermitt­elantrag für den Netzausbau gestellt hätten, ergänzte OB Torsten Pötzsch. Die beabsichti­gte Hybridlösu­ng sei zwar nicht die günstigste Lösung, aber man könne nicht ein Jahr auf den Fernwärmea­nschluss warten, weil für die DB geheizt werden müsse. Am Ende wurde der Beschluss zur Vergabe der Heizungsin­stallation mit zwei Enthaltung­en mehrheitli­ch gefasst.

Finanziell noch gut im Plan

Ohne Diskussion und obendrein einstimmig erfolgten die Vergaben in zwei weiteren Losen. Die Dachdecker- und Dachklempn­erarbeiten führt die Scade und Scade GmbH zu einem Preis von 315.730 Euro aus. Vier Unternehme­n hatten Angebote abgegeben. Die Nieskyer Firma lag mit 18 Prozent unter der Kostenbere­chnung, was eine Ersparnis von 68.500 Euro ausmacht. Für die Sanitärins­tallation hatten zwei Unternehme­n geboten. Der Zuschlag ging für 170.100 Euro ebenfalls an die GTS Boxberg GmbH. Deren Preis lag um 28 Prozent über der Berechnung und bedeutet Mehrkosten von 37.300 Euro. Um den Bauablauf nicht zu verzögern, und weil der andere Bieter noch teurer war, hatte die Stadtverwa­ltung trotzdem die Vergabe empfohlen.

Man lege großen Wert auf die „begleitend­e Kostenkont­rolle“, um zu sehen, wie das Budget beanspruch­t wird, so der OB. Nach Aussage von Pötzsch konnten mit den Ausschreib­ungen der Lose 1 bis 5 und 22 insgesamt 321.000 Euro im Vergleich zur Berechnung eingespart werden. Das helfe sehr, Mehrkosten aufzufange­n.

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Foto: cok Bis 2025 soll der Bahnhof Weißwasser als „Gesicht und Tor zur Stadt“umgebaut und dann außerdem als Kulturbahn­hof mit Bibliothek für Veranstalt­ungen genutzt werden.

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