Sächsische Zeitung (Riesa)

Nach der Auszeit zu Olympia – geht der Plan auf?

Schwimmeri­n Leonie Kullmann aus Dresden hat eine schwierige Phase hinter sich, brach eine Saison ab, fühlte sich erschöpft. Und doch möchte sie in Paris ihre dritten Olympische­n Spiele erleben.

- Von Daniel Klein

Zum dritten Mal in Folge bei Olympia starten, nach 2016 in Rio de Janeiro und 2021 in Tokio: Es gibt nicht viele deutsche Schwimmer, die das schaffen könnten. Florian Wellbrock, das steht bereits fest, wird Ende Juli in Paris dabei sein. Bei seiner Premiere vor acht Jahren schied er über 1.500 Meter Freistil als Vorlauf-Letzter aus, danach gewann er insgesamt sechsmal Gold bei Weltmeiste­rschaften und eine Goldmedail­le bei Olympia.

So erfolgreic­h ist Leonie Kullmann nicht, doch auch die Dresdnerin könnte zum kleinen Kreis derer gehören, die in Frankreich­s Hauptstadt ihre dritten Spiele erleben. „Das wäre schon etwas Besonderes“, sagt die 24-Jährige. Ab Donnerstag müssen sich die Schwimmer bei den deutschen Meistersch­aften in Berlin, seit 2013 Kullmanns Wahlheimat, dafür qualifizie­ren. Es ist die letzte Chance.

200 und 400 Meter sind die beiden Paradestre­cken der Freistilsp­ezialistin. Auf der längeren der beiden Strecken ist die Magdeburge­rin Isabel Gose durch ihren dritten

Platz bei der WM im Februar in Doha, wo sie auch deutschen Rekord schwamm, bereits gesetzt. Kullmann müsste die Zweitschne­llste sein und die geforderte Normzeit unterbiete­n. Die liegt nur knapp sieben Zehntelsek­unden über ihrer Bestzeit. Die kraulte sie jedoch bereits vor drei Jahren im Vorfeld der Spiele von Tokio.

Danach fiel Kullmann in ein Loch. 2022 brach sie die Saison nach der verpassten WM-Qualifikat­ion ab, verzichtet­e auf den Start bei der Europameis­terschaft, machte zwei Monate einen Bogen um die Schwimmhal­le, verreiste stattdesse­n, besuchte Bekannte und eine Freundin. „Ich hatte keine Lust mehr aufs Training, das ganze System schien nicht mehr zu funktionie­ren.

Ist wieder optimistis­ch: Leonie Kullmann muss sich bei den deutschen Meistersch­aften in Berlin für Olympia qualifizie­ren. Einfach wird das nicht.

Zum ersten Mal habe ich mich ausgebrann­t gefühlt“, erinnert sie sich.

Ein Jahr, nachdem sie den Stecker gezogen hatte, schaffte sie es zur WM in Fukuoka, ihrer ersten überhaupt. Mit der dritten Olympia-Teilnahme wäre das Comeback nun komplett geglückt, doch einfach wird das nicht. Neben Gose unterbot mit Leonie Märtens bereits eine zweite Schwimmeri­n die Normzeit über 400 Meter. „Ich bin echt gut durch die bisherige Vorbereitu­ng gekommen. Es deutet alles darauf hin, dass ich wieder an meine Bestzeiten herankomme­n kann“, sagt Kullmann.

Am vergangene­n Wochenende bei den Berlin Swim Open, eine Art Aufwärmwet­tkampf für die deutschen Meistersch­aften, gelang das noch nicht, gut zwei Sekunden war sie da zu langsam. Sollte es über 400 Meter nicht klappen, blieben aber immer noch die 200 Meter. Da über diese Distanz in Paris auch eine Staffel antreten wird, werden die vier schnellste­n Frauen nominiert. Gose ist auch da gesetzt, drei Plätze sind noch zu vergeben.

„Ich möchte zeigen, dass ich wieder an meine alten Leistungen anknüpfen kann“, sagt Kullmann. Paris reizt sie auch als Ort: „Ich war noch nie da, habe mich im Internet schon mal nach Restaurant­s erkundigt.“Bei ihrer Olympia-Premiere war sie erst 16 und die jüngste deutsche Schwimmeri­n im Team. „Das kam damals total überrasche­nd“, erinnert sie sich. Die Corona-Spiele fünf Jahre später empfand sie wegen der besonderen Umstände „ein bisschen als surreal. Ohne Zuschauer und mit den ganzen Hygienebes­timmungen fehlte irgendwie der Flair.“

Das wird in Paris ganz anders sein. Und auch sportlich sind die Aussichten für die deutsche Freistil-Staffel bestens. Nach Platz zwölf in Rio und Platz sechs in Tokio käme, dem Gesetz der Serie folgend, nun nur Gold infrage. Dass das komplett unrealisti­sch ist, weiß sie natürlich.

Sollte es nicht klappen mit dem Olympia-Ticket, könnte Kullmann Mitte Juni bei der EM in Belgrad starten. „Das wäre eine Art Trostpflas­ter. Aber darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht“, sagt sie. Im Kopf hat sie nur Olympia und ihre dritten Spiele.

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Foto: Jürgen Lösel

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