Fico-Attentat gilt als Terrorakt
3. Grund: Aus dem Brexit gelernt Stellte die Entscheidung zum EU-Austritt vor acht Jahren bereits den Höhepunkt des britischen Populismus dar? Wie auch immer man den Ausgang des Referendums beurteilt: Dass sich damals Millionen Briten, die sonst von Politik nichts wissen wollen, daran beteiligten, steht außer Frage.
Geblendet von simplen Parolen („Die Kontrolle zurückgewinnen“) und glatten Lügen („70 Millionen Türken kommen in die EU“) erteilten sie dem Londoner und Brüsseler Establishment eine massive Abreibung – und tragen Verantwortung für die Folgen ihrer Entscheidung.
Was folgte, war ein stetiger Prozess der Ernüchterung, während immer neue ToryPremierminister der wichtigsten Neuorientierung britischer Innen- und Außenpolitik seit 50 Jahren Positives abzugewinnen versuchten.
Das gipfelte in der Katastrophen-Amtszeit von Liz Truss und dem weit rechts stehenden Amtsinhaber Rishi Sunak. Die Hinwendung zur pragmatischen Labour-Party stellt ein Eingeständnis dar: Wir müssen aus wirtschaftlichen Gründen wieder näher an die EU rücken.
4. Grund: Hauptsache Veränderung Nach 14 Jahren der Tory-Herrschaft ist im Land ein Hunger nach Veränderung zu spüren. Labours Erfolg ist nicht die Folge „ihrer personellen und programmatischen Aufstellung“, sagt Matthias Barner von der Konrad-Adenauer-Stiftung in London. Es ist „vor allem die Abwahl einer erschöpften und mit Skandalen verbundenen Regierungspartei“. Oppositionsführer Keir Starmer ist es zudem gelungen, seine Partei als kompetent und pragmatisch darzustellen. Seine Parteibasis fordert ohnehin seit Langem einen Strukturwandel für das Königreich. „Labour stützt sich dabei auf den von der Ökonomin Mariana Mazzucato entwickelten Ansatz des missionsorientierten Regierens“, sagt Michèle Auga von der Friedrich-Ebert-Stiftung dem Tagesspiegel.
Westminster würde dann enger mit Kommunen und Gemeinden zusammenarbeiten. Die Regierungsmacht läge weniger zentral in London. Beim Wahlvolk kommt Starmer damit an. Die Erwartungen der Briten scheinen nicht sonderlich hoch zu sein, haben die Demoskopen ermittelt. Sie sagen: „Schlechter als die Tories kann es Labour auch nicht machen.“
Wer wählt am 4. Juli
Wahlberechtigt sind mehr als 46 Millionen Menschen, die jeweils eine Stimme haben. Es ist die erste Parlamentswahl, bei der ein offizieller Ausweis für die Stimmabgabe vorgezeigt werden muss. Gut 6,7 Millionen Menschen nutzten die Möglichkeit zur Briefwahl. Direktwähler können bis zur Schließung der Wahllokale um 23.00 Uhr (MESZ) am 4. Juli ihre Stimme abgeben. Danach wird eine Prognose erwartet.
Alle 650 Sitze im Unterhaus werden per Direktmandat vergeben. Die absolute Mehrheit im Unterhaus (House of Commons) beträgt 326 Sitze. Bei der bisher letzten Wahl 2019 hatten die Tories 365 Sitze gewonnen, Labour hatte 202 Mandate.
Bratislava. Das am 15. Mai auf Ministerpräsident Robert Fico verübte Attentat gilt in der Slowakei nun als terroristische Tat statt nur als Mordversuch. Diese geänderte Einstufung durch die Justiz gab Generalstaatsanwalt Maros Zilinka am Donnerstag bekannt. Damit droht dem Attentäter eine lebenslange Gefängnisstrafe und auch das öffentliche Gutheißen der Tat kann mit Gefängnis bestraft werden.
Der linkspopulistische Regierungschef war von einem Regierungsgegner mit mehreren Schüssen lebensgefährlich verletzt worden, als er nach einer Regierungssitzung in der Kleinstadt Handlova zu wartenden Anhängern ins Freie trat. Der Angreifer sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Im Polizeiverhör hatte der 71-Jährige seine Tat mit Hass auf Fico und seine Regierungspolitik begründet, wie aus einem der dpa vorliegenden Gerichtsdokumenten hervorgeht. Fico befand sich nach dem Attentat einige Tage in Lebensgefahr. Inzwischen ist er wieder zu Hause. (dpa)