Pflege-Versorgung im ländlichen Raum gefährdet
Pflegedienste aus Reichenbach, Rothenburg, Hainewalde und Nossen fuhren nach Berlin, um sich bei der Politik Gehör zu verschaffen. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus.
Bis nach Berlin sind die Chefs und eine stellvertretende Geschäftsführerin von vier Pflegediensten aus der Region gereist, um mit Politikern über die in ihren Augen drastische Entwicklung in der ambulanten Pflege zu sprechen. Mit dabei waren das Reichenbacher Pflegeteam, aus Hainewalde die Haus-Krankenpflege Kröber, aus Rothenburg der Pflegedienst Annett Preuß und der Nossener Pflegedienst Andrea Wilde. Lange haben die Pflegedienste den Termin vorbereitet, dabei Unterstützung von der Dresdener Steuerberatung für Gesundheitswesen, Admedio bekommen, um Probleme auch an Zahlen festzumachen.
Wie die Chefin des Reichenbacher Pflegeteams, Susann Kothe-Spieß, sagt, hatten sich die Teilnehmer ursprünglich mehr erhofft. Ein Treffen mit verschiedenen politischen Akteuren sei mangels Interesse des Gesundheitsministeriums, aber auch der Kranken- und Pflegekassen, so nicht machbar gewesen. In Berlin kam es dann zu Gesprächen mit dem sächsischen Staatssekretär Conrad Clemens von der CDU und Detlef Piur, sächsischer Vertreter beim Bund, wo sich die Pflegedienste Gehör verschafften. Hauptproblem: Pflege wird immer teurer, die Beträge, die die Pflegekassen für die ambulante Versorgung bereitstellen, steigen nicht in dem Maße, wie benötigt. Vor allem arme Pflegebedürftige sind betroffen, die die gestiegenen Kosten nicht aus eigener Tasche abfedern können. Zwar springt auf Antrag das Sozialamt ein. Doch die Zahlen der Bedürftigen im Kreisgebiet Görlitz nehmen stark zu. Zuletzt 979 Neuanträge für die häusliche Pflegehilfe, vier Jahre zuvor waren das erst 400 gewesen.
Bürokratie in der Pflege wächst
Susann Kothe-Spieß sagt, dass die Angehörigen den 64-seitigen Antrag auf eine solche Unterstützung oftmals gar nicht bewältigen können. „Zu viel Bürokratie“, erklärt sie. Und die Bearbeitungsdauer ist lang. Seit der Kostenexplosion, ausgelöst durch die Tariftreuepflicht, seien die Anträge „von null auf 40 Prozent in unseren Pflegediensten gestiegen. Verstirbt ein Patient während dieser Bearbeitungszeit, bleibt der Pflegedienst auf den Kosten für die bereits erbrachten Leistungen sitzen“, sagt Susann Kothe-Spieß. Schnell kämen da einige tausend Euro zusammen.
Vor allem im ländlichen Raum kommen weitere Sorgen dazu. Durch die drastisch gestiegenen Kosten werden die ambulanten Pflegedienste zunehmend dazu getrieben, nur noch die Patienten im unmittelbaren Umfeld zu versorgen. Umso weiter der Weg, umso weniger lohnt es sich für den Pflegedienst. Unterversorgte Gebiete sind die Folge. „Wir wollen uns starkmachen für den ländlichen Raum und fordern eine angemessene Fahrtkostenpauschale, um alle Dörfer im Umkreis gemeinschaftlich mit allen Pflegediensten versorgen zu können“, so die Leiterin des Reichenbacher Pflegeteams. Locker lassen wollen die Pflegedienste nicht, bringen die Zusage aus Berlin mit, dass es von ihren Gesprächspartnern eine Rückmeldung gibt. Allerdings schätzt Susann Kothe-Spieß auch ein, dass Probleme, die mit Finanzmitteln zu lösen sind, nicht mit hoher Priorität auf der politischen Agenda stehen.