Barocke Pracht trifft jauchzenden Jazz
Mehr als 60 Künstler kommen bei der Aufführung von „Messias Superstar“im Dresdner Kulturpalast zum Einsatz. Und Jazztage-Chef Kilian Forster folgt einem Rat von Leonard Bernstein.
Seit Jahrzehnten spielt er Kontrabass. Erst als Ensemblemitglied der Dresdner Philharmonie, seit 1999 in der CrossoverBand Klazz Brothers. Doch nun endlich beherzigt Kilian Forster den Rat eines Weltstars. „West Side Story“-Komponist Leonard Bernstein habe ihm einst bei einem Meisterkurs auf Sizilien zugeraunt, er müsse einfach Dirigent werden.
Forster, damals noch Bass-Student, hatte zwar großes Interesse am Dirigieren und studierte das auch im Nebenfach an der Münchner Musikhochschule. Bis zu diesem Kurs und Bernsteins finaler Einschätzung glaubte er jedoch nicht so recht ans eigene Talent auf diesem Gebiet. „Wir blieben danach in Kontakt, ich begleitete Bernstein, wenn er in Europa unterwegs war“, so Forster. „Auch bei seinem letzten Auftritt im August 1990 in Tanglewood war ich dabei.“Und jetzt folgt er nun dem Rat des Meisters, holt den Taktstock heraus, den ihm auf Sizilien eine Freundin geschenkt hatte, und stellt sich ans Pult. Am 24. November gibt Forster sein Dresden-Debüt als Dirigent bei der Aufführung von „Messias Superstar“im Kulturpalast.
„Ich habe öfter schon vom Bass aus dirigiert, doch bei solch einem Werk und einer derartig großen Besetzung geht das nicht“, erklärt er. „Also gebe ich für dieses Konzert den Job als Bassist ab.“Bereits einmal leitete er den „Messias“vom Pult aus, 2009 im Theaterhaus Stuttgart. Bei der Uraufführung am 28. Mai vorm Dom in Hannover zum evangelischen Kirchentag sowie am 29. Mai zu den Musikfestspielen in der Dresdner Kreuzkirche hatte Kreuzkantor Roderich Kreile den Taktstock geschwungen. Für Kirchentag und Musikfestspiele war das Stück ursprünglich auch entstanden.
Kilian Forster lieferte Idee und Konzept, sein Bruder Tobias komponierte schließlich federführend die Musik, die das Oratorium „Messias“von Georg Friedrich Händel in heutige Musiksprache übersetzt. „In einer künstlerisch verwegenen Konfrontation von überwältigender Musikdramatik und religiösem Ausdruck begegnet Händels prunkvoller Melodienreichtum der gesanglichen Urkraft des Jazz“, so Forster. Und so krönt das Ganze jetzt auch die diesjährigen Jazztage.
Doch dass diese Großproduktion mit über 60 Mitwirkenden nächsten Freitag auf die Bühne kommt, hat einen sehr pragmatischen Grund. Forster: „Wir wollten den ,Messias‘ bereits 2020 aufführen. Dann kam Corona. Weil aber der Freistaat konkret dieses Projekt fördert, ist das der letzte Zeitpunkt, um diese Förderung auch zu rechtfertigen.“Damit es noch ins Festival passt, habe er extra die Jazztage etwas verlängert. Als Chefveranstalter kam er allerdings nicht zum Proben. „Der Chor übt bereits in einer Schulaula, die Musiker üben für sich, die Gesangssolisten ebenfalls. Damit
wir alle zusammen das Stück durchprobieren können, suchen wir dringend für nächsten Donnerstag einen passenden Saal“, sagt Kilian Forster. „Wer eine Idee hat, möge sich bitte bei uns melden.“Einen Notfallplan habe er natürlich in petto.
Wie er auch flexibel auf allerlei Besetzungsprobleme reagieren musste und so noch einen besonderen Coup landen konnte. Bei bisherigen Aufführungen kam meist Sopranistin Lorraine Hinds zum Einsatz. Forster: „Doch sie lebt in den USA. Sie zu holen wäre zu aufwendig und kostspielig geworden.“Dann erinnerte er sich daran, dass er bei einer der „Stumme Künstler“Demos zu Corona-Zeiten die Starsopranistin Simone Kermes kennengelernt hatte. „Ihre Handynummer war zum Glück bei mir gespeichert. Allerdings rechnete ich mir beim ersten Anruf keine großen Chancen aus.“Überraschenderweise sei man jedoch sofort auf einer Wellenlänge gewesen, und die ausgewiesene Barock-Expertin ließ sich ruckzuck auf das Experiment ein.
Das wird aufgrund des enormen personellen Aufwandes nicht so schnell eine Neuauflage erfahren, vermutet Forster. „Ohne diese spezielle Förderung hätten wir es ja auch nicht stemmen können.“Weder Mitschnitt noch Livestream seien drin. Forster: „Doch das ist sowieso ein Werk, das man unbedingt live erleben muss.“
Das Konzert: Messias Superstar mit Simone Kermes, Maria Markesini, Klazz Brothers, Vocal Concert Dresden, European BigBand, 24.11., 20 Uhr, Kulturpalast, DD. Tickets gibt’s in allen DDV-Lokalen und online unter www.sz-ticketservice.de.