Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Steinbruch­betreiber plant neues Werk

- Tilmann Popp ist Superinten­dent des Evangelisc­h-lutherisch­en Kirchenbez­irks Bautzen-kamenz. mail suptur.bautzen_kamenz@evlks.de

Es ist Freitag, später Nachmittag. 18 Uhr beginnt im Dom das ökumenisch­e Friedensge­bet. Ich habe Dienst und sollte rechtzeiti­g da sein. Wie so oft: Ich bin knapp dran. Ich hetze zur Reichenstr­aße. Nur keine Zeit verlieren. Am Reichentur­m sehe ich von Weitem einen Mann sitzen. Er sieht etwas verwahrlos­t aus. Ich sehe einen Pappbecher in seiner Hand. Er hofft wohl auf den einen oder anderen Cent. Mich bewegt der Mann. Wie er wohl in diese Situation geraten ist? Ich habe gehört, wie schnell das gehen kann. Schnellen Schrittes komme ich ihm näher. Die Zeit drängt. Jetzt nur nicht in sein Gesicht schauen. Schon betrete ich den Dom. Vielfältig­e Aufgaben warten auf mich. Fast schon habe ich den Mann vergessen. Am Ende des Friedensge­betes sitze ich noch in der Bankreihe. Mein Blick schweift auf das farbige Kreuz im Dom. Nächste Woche beginnt die Karwoche. Menschen bedenken das Leiden und Sterben Jesu. Die Gefangenna­hme wird erzählt. Ebenso die Folterung beim Verhör. Schließlic­h richtet sich der Blick auf die Hinrichtun­g am Kreuz. Da wird hingeschau­t. „Jesus hat für uns gelitten“, wird es an vielen Stellen heißen. Was ist damit gemeint? Leicht zu verstehen ist es nicht. Vermutlich gibt es nicht die eine Antwort drauf. Ich frage mich: „Könnte das vielleicht auch etwas mit dem Mann zu tun haben, den ich am Reichentur­m gesehen habe? Oder mit mir und dem Mann?“Fest steht, Jesus ist dem Leid nicht ausgewiche­n. Vermutlich hätte er das gekonnt. Viele seiner Freunde hatten genau das erwartet. Jesus geht einen anderen Weg. Er lässt sich hinrichten. Er weicht dem Leid nicht aus. Von daher ist ihm Leid nicht fremd. Darauf blicken wir kommende Woche. Mir fällt ein Satz von Jesus ein: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“– „Hinschauen, statt Wegschauen, wenn gelitten wird“, so deute ich das. Da gibt es in meinem Umfeld viel zu sehen. Der Mensch an der Straße mit seinem Pappbecher. Die Frau, die drei Arbeitsver­hältnisse hat, weil das Geld sonst nicht reicht. Der Mensch mit körperlich­er Beeinträch­tigung, der von vielen Dingen ausgeschlo­ssen ist. Der junge Mann, der nach seiner Flucht gehofft hat, hier Frieden zu finden. Für all das viele Leid in der Welt kenne ich keine Lösung. Wegschauen ist einfach. Die kommende Karwoche will mich ermutigen hinzuschau­en. Ich weiß, ich kann das Problem des Obdachlose­n in der Reichenstr­aße nicht lösen. Aber wenn ich den Mut habe, ihm ins Gesicht zu schauen, und vielleicht sogar noch ein Gespräch wage, dann wird etwas passieren. Dann gebe ich ihm die Würde als Mensch zurück. Das wird ihn, aber auch mich verändern.

 ?? Foto: Uwe Schulz ?? Dieses Foto vom Steinbruch der Lausitzer Grauwacke Gmbh ist nicht ganz aktuell. Es lässt aber die Dimensione­n des Betriebes und die Abstände zu den Ortschafte­n sehr gut erkennen. Links in der Mitte befindet sich Oßling, oben in der Mitte Lieske und rechts oben (außerhalb des Bildaussch­nitts) Zeißholz, davor der Restsee Grube Clara III.
Foto: Uwe Schulz Dieses Foto vom Steinbruch der Lausitzer Grauwacke Gmbh ist nicht ganz aktuell. Es lässt aber die Dimensione­n des Betriebes und die Abstände zu den Ortschafte­n sehr gut erkennen. Links in der Mitte befindet sich Oßling, oben in der Mitte Lieske und rechts oben (außerhalb des Bildaussch­nitts) Zeißholz, davor der Restsee Grube Clara III.
 ?? ?? Diese Zeichnung vom geplanten neuen Werk der Lausitzer Grauwacke Gmbh wurde den Bernsdorfe­r Stadträten gezeigt. Links im Hintergrun­d ist die Vorbrecher­anlage zu erkennen, in der Mitte die Aufbereitu­ng und rechts die Bahnverlad­ung.
Diese Zeichnung vom geplanten neuen Werk der Lausitzer Grauwacke Gmbh wurde den Bernsdorfe­r Stadträten gezeigt. Links im Hintergrun­d ist die Vorbrecher­anlage zu erkennen, in der Mitte die Aufbereitu­ng und rechts die Bahnverlad­ung.

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