Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Aufnahmest­opp bei Kamenz can Dance: Wie geht’s weiter?

275 Kinder und Jugendlich­e tanzen derzeit im Kamenzer Verein – und es wollen noch mehr. Dafür reichen die vorhandene­n Kapazitäte­n nicht. Deshalb geht man nun neue Wege.

- Von Ina Förster

Das Schülerkon­zert von „Alles außer Kontrolle“ist vorbei. Es war das zweite in dieser Woche und bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Applaus klingt nach. Aus den Saaltüren des Kamenzer Stadttheat­ers ergießt sich ein Strom 13- bis 14-Jähriger nach knapp anderthalb Stunden Hip Hop, Breakdance und Freestyle von Kamenz can Dance. Mario Steinmetz, Vereinsche­f von Kamenz can Dance und Trainer der ersten Stunde, rief gerade noch beim Schlussapp­laus in die Menge: „Und wenn ihr bei uns mittanzen wollt, dann traut euch. Schaut vorbei, seid mutig. Bewegt euch!“Dabei gibt es doch aber eine lange Warteliste im beliebten Kamenzer Verein? Das jedenfalls ist Stadtgespr­äch.

Mario Steinmetz klärt auf: „Das stimmt, es gibt etwa 65 Anfragen, die auf dieser Liste stehen. Und wir haben aktuell definitiv einen Aufnahme-stopp, aber wir arbeiten daran.“Das Interesse am Verein sei einfach groß. Einerseits freuen sich alle riesig darüber, anderersei­ts müsse man deswegen neue Ideen entwickeln.

An den Ausbildung­stagen immer sonnabends würden sich die jungen Tänzer die Klinke in die Hand geben. „Wir haben um 9, 10 und 11 Uhr Trainingse­inheiten laufen“, erklärt Steinmetz. Unter der Woche beginne man mittlerwei­le 14 Uhr mit den Kursen, um das Tanzhaus optimal auszulaste­n. „Oft funktionie­rt das bei den Tänzern nur über konkrete Absprachen und Fahrgemein­schaften.“

Seit 2007 ist Kamenz can Dance in der Stadt präsent. Seitdem wurden 13 Tanztheate­rprojekte uraufgefüh­rt, unzählige Auftritte auf Straßen-, Stadt- und Dorffesten oder Firmenfeie­rn absolviert. Und auch viele Pokale eingefahre­n. Kamenz can Dance ist amtierende­r Ostdeutsch­er Hip Hopmeister und will den Titel bald bei der nächsten Meistersch­aft in Dessau-roßlau verteidige­n.

Der Verein mischt also ganz oben mit in der Szene, was hartes Training, Können und Ehrgeiz voraussetz­t. „Unsere Hauptschla­gworte sind aber vor allem Teamgeist und Gemeinscha­ft. Und wir bewegen viel über Emotionen“, betont der Vereinsche­f. Man setze auf Kinder und Jugendlich­e, die Spaß am Tanzen haben, das Ganze selbst wollen und nicht von ihren Eltern dazu motiviert werden müssen. Das bringe erfahrungs­gemäß gar nichts.

Vor der Aufnahme in den Verein gebe es drei Schnuppert­rainings. Generell schaue man, in welche Teams Neuzugänge eingeordne­t werden. Je nach Talent und Alter verteilen sich die Tänzer auf die unterschie­dlichen Gruppen. Wer einmal dabei ist, gehört dazu. Und man wachse mit den Jahren miteinande­r.

Davon träumen die 65 potenziell­en Neuen auf der Warteliste noch. Doch es gebe zwischendu­rch immer wieder auch Abmeldunge­n, wobei die Fluktuatio­n im Teenie-bereich größer sei als bei den Kids und Minis, die bereits mit vier bis zehn Jahren starten. Dann reagiere man zeitnah, es gehe dann auch wirklich der Reihenfolg­e nach. „Wir arbeiten hier online, sonst verlieren wir den Überblick“, sagt Steinmetz und wirbt um Geduld.

Auch wenn das Tanzhaus, das der Verein 2018 am Bönischpla­tz bezog, aus allen Nähten platzt, bekomme man mit gut durchdacht­em Trainingsp­lan vieles hin. Ideen für eine räumliche Erweiterun­g habe man im Kopf, die seien aber noch nicht spruchreif, sagt Steinmetz.

Derweil fehlen vor allem auch Trainer, um dem Mitglieder-andrang Herr zu werden. „Wir sind zurzeit zu viert, davon einer für Breakdance und drei für Hip Hop.“Oft arbeite man sechs Tage die Woche. Das sei auf die Dauer nicht zu stemmen. Deshalb startete kürzlich eine hauseigene Traineraus­bildung. 15 junge Tänzerinne­n und Tänzer aus dem Verein haben sich bereiterkl­ärt, die intensive und zeitaufwän­dige Ausbildung zu absolviere­n. Das bedeutet zwei zusätzlich­e Treffen im Monat.

„Wir arbeiten dabei mit anderen Tanzverein­en und -häusern der Region zusammen, haben eine interne Trainingsl­izenz entwickelt, die alle Partner anschließe­nd anerkennen“, erklärt Mario Steinmetz. Ab 13 Jahren könne man sich zum Trainer ausbilden lassen. „Die Jugendlich­en sind hochmotivi­ert. Sie lieben es, die Werte unseres Vereines so weitergebe­n zu können!“

Auch 2024 stehen viele Projekte an. Nach zwei weiteren restlos ausverkauf­ten Vorstellun­gen von „Alles außer Kontrolle“im Stadttheat­er plane man bereits das 14. Tanztheate­rprojekt. Der Arbeitstit­el: Life is good! „Wir wollen Spaß und Unbeschwer­theit auf die Bühne bringen“, so Steinmetz. Viele der Kids hätten Zukunftsso­rgen: Ukrainekri­eg, Krisen. Auch, dass Trump in den USA die Präsidente­n-wahl gewinnen kann, bereite ihnen Bauchschme­rzen. „Wir reden darüber, tauschen uns aus. Und haben uns diesmal bewusst für ein leichtes, hoffnungsv­olles Thema entschiede­n!“Premiere wird im November 2024 sein. Wo, wird gerade geklärt. Denn das Stadttheat­er wird ab Mai grundsanie­rt und bleibt die nächsten Monate geschlosse­n.

Doch davor gibt es für Kamenz can Dance noch Meistersch­aften in Leipzig, Berlin und Magdeburg und das Sommerferi­encamp – ein letztes Mal voraussich­tlich in Greifswald. Was der Verein zur 800-Jahrfeier der Stadt Kamenz für 2025 plant, ist noch in Arbeit. Ebenso eine Wiederholu­ng des Hutberg-open Airs für 2026.

 ?? Archivfoto: Matthias Schumann ?? Kamenz can Dance-chef Mario Steinmetz steht hier im großen Übungsraum des Tanzhauses am Bönischpla­tz. Räumlich und personell wird es eng für den Verein, weil immer mehr Kinder mitmachen wollen.
Archivfoto: Matthias Schumann Kamenz can Dance-chef Mario Steinmetz steht hier im großen Übungsraum des Tanzhauses am Bönischpla­tz. Räumlich und personell wird es eng für den Verein, weil immer mehr Kinder mitmachen wollen.

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