Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Das Duell der Gegensätze
Im EM-Halbfinale zwischen Spanien und Frankreich treffen die erfolgreichsten Nationalmannschaften des Jahrtausends aufeinander.
Die beste Offensive gegen die beste Defensive, unbändige Spielfreude gegen simplen Pragmatismus – und zwei Topfavoriten unter sich: Das EM-Halbfinale zwischen Spanien und Frankreich verspricht so einiges, die zwei erfolgreichsten Nationalmannschaften des neuen Jahrtausends kämpfen um den Einzug ins Finale. Dabei geht es am Dienstag (21 Uhr/ZDF und MagentaTV) längst nicht nur um das Ticket für Berlin, es geht um ein Duell der Gegensätze – und um die Frage, welche Art von Fußball zum größtmöglichen Erfolg führt.
Während die Spanier seit Turnierbeginn mit ihrem attraktiven Offensivfußball rund um Jungstars wie Lamine Yamal oder Nico Williams begeistern, wirkt das französische Spiel zwar solide, aber uninspiriert. Als würde dieses Starensemble um Kapitän Kylian Mbappe nicht wissen, was es mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten eigentlich anstellen soll. Didier Deschamps will von alledem nichts wissen. „Auch wenn wir nicht alles perfekt machen, lassen wir nicht locker“, sagte der französische Nationaltrainer nach dem Elfmeterkrimi im Viertelfinale gegen Portugal.
Die gewaltige Ladehemmung in der Offensive, die Formkrise von Superstar Mbappe – all das nimmt Deschamps in Kauf. Für seine pragmatische Idee des Fußballs. „Wir haben eine Stabilität, die beispielhaft und in einem Wettbewerb unerlässlich ist“, meinte der 55-Jährige angesichts von nur einem Gegentreffer in fünf Partien: „Wenn man wenige Tore schießt, ist es besser, keine zu kassieren“.
Seit Jahren darf Deschamps aus dem wohl größten Talentepool des Weltfußballs schöpfen, seit Jahren lässt er mit diesen Ausnahmekönnern minimalistischen Fußball spielen – und seit Jahren hat er damit Erfolg. Bei einem Sieg stünden die Franzosen beim fünften großen Turnier nacheinander zum vierten Mal im Finale.
Ganz anders die Spanier. Seit den erfolgreichen Jahren von 2008 bis 2012 steht die Furia Roja erst zum zweiten Mal im Halbfinale eines großen Turniers. Trainer Luis de la Fuente hat die Mannschaft – so paradox das auch klingen mag – von den Fesseln des Tiki-Taka befreit, dabei die Attraktivität des Fußballs aber nicht beschädigt.