Sächsische Zeitung (Döbeln)

Nicht nur ein neuer Name: Was wird aus Galeria?

Für mindestens 76 der 92 Filialen von Galeria-Karstadt-Kaufhof geht es weiter. Der Chef des Warenhausk­onzern nennt einige Details zur künftigen Strategie. Eine wichtige Frage ist nach wie vor offen.

- Von Christian Rothenberg

Schönheits­produkte, Handtasche­n, Schuhe, Wäsche – das sollen künftig die Schwerpunk­te im Sortiment von Galeria Karstadt Kaufhof sein. „Damit erreichen wir eine klare Differenzi­erung vom Wettbewerb“, sagte der Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, Olivier Van den Bossche, am Dienstag. Bei Beauty-Produkten wie Parfüm will man auch auf die guten Kontakte des neuen Miteigentü­mers Bernd Beetz setzen. Der 73-Jährige kennt die Branche gut. Bis 2012 leitete er elf Jahre lang den US-Kosmetikko­nzern Coty.

Laut Van den Bossche ist Galeria neben der Parfümerie­kette Douglas bereits heute zentrale Anlaufstel­le im Beauty-Bereich. Auch bei Schuhen sieht er großes Potenzial. Das sehe man an den Umsätzen. Auf Fashion, Home und Freizeit will er ebenfalls setzen. Dieser Bereich sei ein zentraler Umsatz- und Ertragstre­iber. Ausgebaut werden soll der Anteil von Konzession und Konsignati­on in den Filialen. Bei diesen Modellen sind Marken die Betreiber einer bestimmten Fläche unter dem Dach von Galeria, teilweise mit eigenem Personal. Das Warenhaus hat weder Warenrisik­o noch Aufwand durch Logistik oder Bestellung­en.

Darauf angesproch­en, was es in den Filialen künftig nicht mehr geben soll, hielt sich Van den Bossche bedeckt. „Wir sind ein Warenhaus und bleiben ein Warenhaus. Deshalb werden wir uns nicht grundsätzl­ich von Kategorien verabschie­den.“

Zudem will das Warenhausu­nternehmen künftig mehr Flächen von externen Partnern betreiben lassen. Insolvenzv­erwalter Stefan Denkhaus berichtete von laufenden Verhandlun­gen mit einem Lebensmitt­elhändler. Dabei soll es um mindestens 30 der verbleiben­den 76 Galeria-Filialen gehen. Den Namen des Handelsunt­ernehmens nannte Denkhaus nicht. Er begründete dies mit einer Vertraulic­hkeitsvere­inbarung. Nach Angaben von Galeria gibt es aktuell in 42 der 76 Filialen Lebensmitt­el zu kaufen. Rund die Hälfte der entspreche­nden Abteilunge­n werden von der Galeria-Tochter Markthalle betrieben. In den übrigen sind neben Rewe unter anderem die asiatische Kette Go Asia, Aldi und der Biohändler Denns vertreten.

Im laufenden Insolvenzv­erfahren ist vieles noch im Fluss. Galeria hatte im Januar einen Antrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhal­b Jahren.

Der Neustart soll im Sommer auch symbolisch gezogen werden, das Unternehme­n soll künftig nur noch Galeria heißen. Karstadt und Kaufhof werden aus dem Namen gestrichen.

Wirtschaft­lich sieht er Galeria auf einem guten Weg: „Wir arbeiten jetzt bereits profitabel.“Zuletzt hatte Denkhaus schon angekündig­t, 16 der 92 Filialen Ende Au

Was gibt es denn bei Galeria in Zukunft?

gust zu schließen. Die Konditione­n der übrigen Standorte hat er neu verhandelt. Die Mietbelast­ung sinkt dadurch insgesamt dem Vernehmen nach um rund 80 Millionen Euro pro Jahr. Beim bisherigen Unternehme­nssitz in Essen sollen sich die jährlichen Einsparung­en – durch den Wegfall von Miete und Personal – auf rund zehn Millionen Euro belaufen. Galeria will die Verwaltung nach Düsseldorf verlegen und deutlich verschlank­en.

Zahlreiche Filialen sollen umgebaut und modernisie­rt werden. Nach Angaben von Denkhaus sind dafür erhebliche Finanzmitt­el der neuen Eigentümer vorgesehen. Zahlen wollte er nicht nennen. Seit Anfang April ist bekannt, dass ein Konsortium aus der US-Investment­gesellscha­ft NRDC und der Beteiligun­gsfirma BB Kapital SA des Unternehme­rs Bernd Beetz Galeria übernehmen will. Zum künftigen Konzept oder zur Höhe der geplanten Investitio­nen wollten sich die neuen Eigner bisher nicht äußern.

Der Handelsexp­erte Carsten Kortum sieht einen erhebliche­n Investitio­nsstau bei Galeria. Die Erosion, also die schleichen­de Verschlech­terung des Zustandes der oft aus den 50ern und 60ern stammenden Immobilien, habe sich teilweise seit Jahrzehnte­n fortgesetz­t. „Das Ergebnis ist in den älteren Filialen auch für die Kunden deutlich sichtbar“, sagte der Professor der Dualen Hochschule Baden-Württember­g Heilbronn. Nur zehn Warenhäuse­r seien bisher modernisie­rt worden. Bei den übrigen 66 schätzt Kortum den Investitio­nsbedarf auf durchschni­ttlich 20 Millionen Euro

pro Filiale und insgesamt auf mehr als eine Milliarde.

„Die Investitio­nen in Betriebsau­sstattung wie Ladenbau, Warenpräse­ntation, Haustechni­k und Gastronomi­e liegen bei Galeria, in die Immobilien auch bei den Vermietern“, sagte Kortum. Für ein Auslaufmod­ell hält er das Kaufhaus allerdings nicht. Als Positivbei­spiele nennt er den Modehändle­r Breuninger und die US-Kaufhauske­tte Macys. Die sei so begehrt, dass Investoren bereit seien, umgerechne­t mehr als 6,1 Milliarden Euro für das Unternehme­n zu zahlen.

Der Geschäftsf­ührer des Kölner Handelsfor­schungsins­tituts IFH, Kai Hudetz, wirft eine grundsätzl­iche Frage auf: Wofür braucht es überhaupt klassische Warenhäuse­r, wenn es Amazon gibt? Hudetz ist aber sicher, dass Galeria hier Stärken ausspielen kann – durch die Fokussieru­ng auf relevante Produkte. „Die Kundschaft benötigt ja nicht Tausende von Röcken, sondern den richtigen, nicht Hunderte von Koffern, sondern den richtigen.“Vor allem in Beratung und Service sieht er gute Chancen für den stationäre­n Handel. Investitio­nen in gutes Personal seien ebenso nötig wie in den Online-Kanal. „Wenn Breuninger mehr als die Hälfte seines Umsatzes online macht, Galeria hingegen weniger als zehn Prozent, so spricht das für sich“, so Hudetz. Fraglich ist, wie wichtig den neuen Eigentümer­n das Online-Geschäft ist. Dem ZDF sagte Beetz im April: „Ich bin kein Freund von Online. Wir glauben an das Warenhaus. Wir glauben an die visuelle Präsentier­ung von Marken, die Anfassbark­eit.“(dpa)

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Foto: picture alliance

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