Sächsische Zeitung (Döbeln)

So viel Bürokratie steckt in einem Stück handgemach­ter Seife

Die Seifenmanu­faktur „Frische erleben“kämpft mit Vorgaben der EU. Die haben Folgen für die Entwicklun­g neuer Produkte.

- Von Cathrin Reichelt

Sie sind farbenfroh, duften und es gibt sie in verschiede­nen Formen und Aromen, die Seifen von „Frische erleben“. Das ist, was die Kunden wahrnehmen, wenn sie den kleinen Laden der Manufaktur in Marbach betreten. Dazu das nette Paar, das die Seifen nicht nur herstellt, sondern den Kunden auch behilflich ist, die richtige Wahl zu treffen.

Doch das freundlich­e Lächeln vergeht Kerstin Schmiedel-Zimmermann und Daniel Zimmermann immer öfter. Schuld daran ist die überborden­de Bürokratie, von der der Kunde im Laden nichts mitbekommt.

Die Seifenhers­teller verkaufen ihre Produkte nicht nur im Laden, sondern verschicke­n sie auch an Kunden, die Ware online bestellt haben. Dabei schlagen die Unternehme­r die Seifenblöc­ke in Zeitungspa­pier ein und stopfen die Pakete mit Zeitung aus, damit die Ware auf dem Transport keinen Schaden nimmt. Ähnliche verfahren auch viele Privatleut­e, die ein Päckchen an Verwandte oder Bekannte verschicke­n. Für sie ist das kein Problem.

„Frische erleben“ist aber eine Firma. Und dort wird die Zeitung, die sie selbst, ihre Eltern und Nachbarn bereits bezahlt haben, zum Verpackung­smaterial und dafür eine Gebühr fällig. „Die Zeitung kann kostenlos in der Papiertonn­e entsorgt werden. Die Jugendfeue­rwehr oder Kitas, die Zeitungen sammeln, bekommen noch Geld dafür. Und wir müssen welches bezahlen“, erklärt Daniel Zimmermann auf einer CDU-Regionalko­nferenz im Hofgut Munz in Strocken.

Verpackung viermal jährlich melden

Pro Kilo Zeitung werden 24 Cent fällig und die Menge pro Paket erfasst. Zudem muss die Gesamtmeng­e viermal pro Jahr sowohl an eine Behörde als auch an die Entsorgung­sgesellsch­aft gemeldet werden. Rund 300 Euro beträgt die Gebühr pro Jahr.

Würde die Firma ihre Produkte auch ins Ausland verschicke­n, müsste sie zusätzlich die dort übliche Verpackung­sgebühr bezahlen. „Alleine die Grundgebüh­r beträgt in Dänemark 400 Euro, egal, ob ich zwei

Pakete versende oder 20“, nennt Zimmermann ein Beispiel. „Das ist nicht nachhaltig finanzierb­ar.“

Die EU fordere einen barrierefr­eien Online-Shop. Das heißt, Menschen aus allen EU-Ländern müssen online Produkte bei „Frische erleben“in Marbach bestellen können. „Allein die Lieferländ­er kann ich einschränk­en“, so Zimmermann. Und das habe er auch getan. Verschickt werden die Seifen und Kerzen nur innerhalb von Deutschlan­d.

EU-Kosmetikve­rordnung verschärft

Einen zusätzlich­en Aufwand beschert dem kleinen Unternehme­n derzeit die EU-Kosmetikve­rordnung. Die ist verschärft worden. „Prinzipiel­l ist die Verordnung okay. Sie schützt nicht nur die Verbrauche­r, sondern auch uns“, sagt Daniel Zimmermann. Bisher musste das Unternehme­n jedes seiner Produkte auf 24 Allergene testen lassen. Aber jetzt kommen 56 Weitere hinzu.

„Dabei handelt es sich um Duftallerg­ene, wie sie in ätherische­n Ölen vorkommen können“, erklärt Zimmermann, der nur wenig Verständni­s für diese Vorgabe aufbringen kann. Denn zum einen seien lediglich ein bis neun Prozent der Europäer Duftallerg­iker. Zum anderen gebe es für eventuell Betroffene kaum eine Möglichkei­t, sich auf Duftallerg­ene testen zu lassen.

Für „Frische erleben“bedeutet die Erweiterun­g der Verordnung eine Neubewertu­ng aller 400 Produkte. Die muss in einem unabhängig­en Labor erfolgen. In dem Sicherheit­sbericht müssen alle Allergene, die zu 0,1 Prozent in abwaschbar­en Produkten vorhanden sind, aufgeliste­t werden, sowie alle die zu 0,001 Prozent in Cremes nachweisba­r sind.

Ab dem 31. Juli 2026 müssen alle Produkte die neuen Regularien erfüllen. Sie benötigen neue Etiketten und das Labor-Ergebnis muss in die EU-Verordnung eingetrage­n werden. „Pro Produkt kostet uns das einen mittleren dreistelli­gen Betrag“, sagt Daniel Zimmermann. Ohne einen starken Partner, mit dem er schon lange zusammenar­beitet, könnte er das nicht stemmen.

„Ich bin grundsätzl­ich ein optimistis­cher Mensch und blicke gerne in die Zukunft. Aber das muss auch Sinn machen“, meint der Firmen-Chef. Ans Aufgeben denkt Daniel Zimmermann noch nicht. Aber die Kreation neuer Rezepte und Produkte hat das kleine Unternehme­n vorerst komplett auf Eis gelegt.

 ?? Foto: SZ/Dietmar Thomas ?? Zeitungen im Papiercont­ainer zu entsorgen, kostet in Deutschlan­d nichts. Weil er das Zeitungspa­pier zum Einschlage­n von Seifenblöc­ken und als Füllmateri­al zum Versand seiner Produkte nutzt, muss Daniel Zimmermann von der Seifenmanu­faktur „Frische erleben“in Marbach dafür zahlen.
Foto: SZ/Dietmar Thomas Zeitungen im Papiercont­ainer zu entsorgen, kostet in Deutschlan­d nichts. Weil er das Zeitungspa­pier zum Einschlage­n von Seifenblöc­ken und als Füllmateri­al zum Versand seiner Produkte nutzt, muss Daniel Zimmermann von der Seifenmanu­faktur „Frische erleben“in Marbach dafür zahlen.

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