Sächsische Zeitung (Döbeln)

Will Trump eine Diktatur? „Nein, nein – nur am ersten Tag meiner Amtszeit.“

In der Washington Post wird an Weimar und den Aufstieg Hitlers erinnert.

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Es scheint sich um ein diabolisch­es Gesetz zu handeln: Je lauter und inständige­r vor Donald Trump gewarnt wird, desto mehr Menschen geben an, ihn statt Joe Biden wählen zu wollen. Laut der Webseite RealClearP­olitics, die den Durchschni­tt aller Umfragen ermittelt, liegt Trump seit drei Monaten zwar knapp, aber beständig vor dem amtierende­n US-Präsidente­n. Biden kann als Erfolge seiner Regierung vorweisen, was er will: die niedrige Arbeitslos­igkeit, das Infrastruk­turprogram­m, das Wirtschaft­swachstum, den Rückgang der Inflation, den Klimaschut­z – es nützt ihm nichts. Trump dagegen muss sich in vier Gerichtsve­rfahren seiner Haut erwehren – und wird stetig beliebter.

Die Reaktionen auf dieses Phänomen pendeln zwischen Achselzuck­en und Alarm. Zur zweiten Kategorie zählt ein fulminante­r Essay von Robert Kagan in der Washington Post. Kagan ist Spezialist für internatio­nale Politik und zählt zu den bekanntest­en Neokonserv­ativen in den USA. Sein Resümee: „Wir treiben immer weiter auf eine Diktatur zu und hoffen immer noch auf eine Interventi­on, die es uns ermöglicht, den Folgen unserer kollektive­n Feigheit, unserer selbstgefä­lligen und vorsätzlic­hen Ignoranz und vor allem unseres Mangels an tiefem Engagement für die liberale Demokratie zu entkommen.“

Trump, schreibt Kagan, wäre mächtiger denn je. Seine Partei, die Republikan­er, habe er vollends domestizie­rt. Im Obersten Gericht gibt es eine solide konservati­ve 6:3-Mehrheit. Sollte Trump gewinnen, werde er nicht nur die enormen Machtbefug­nisse der Exekutive ausüben, er werde dies mit den geringsten Einschränk­ungen aller Präsidente­n tun. Kagan zieht Parallelen zur Weimarer Republik und dem Aufstieg Hitlers.

Ist es sicher, dass die USA unter Trump zur Diktatur werden? „Sicher ist, dass die Wahrschein­lichkeit, dass die USA in eine Diktatur abgleiten, deutlich gestiegen ist, weil so viele Hinderniss­e aus dem Weg geräumt wurden und nur noch wenige übrig geblieben sind.“Wenige Tage später veröffentl­ichte die New York Times eine ausführlic­he Analyse – mit ähnlichem Ergebnis wie Kagan.: Der Trump 2024 sei wütender und gefährlich­er für die Demokratie nach amerikanis­chem Vorbild als in seiner ersten Amtszeit.

Und Trump? Er irritiert mit seiner Äußerung zur Diktaturfr­age: „Nein, nein – nur am ersten Tag meiner Amtszeit.“(mal)

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