Saarbruecker Zeitung

Versailles und sein neuer Sonnenköni­g

Vielseitig­keitsreite­r Michael Jung sichert sich im Einzel seine insgesamt vierte olympische Goldmedail­le.

- VON DOMINIK MAHL

(sid/dpa) Michael Jung riss sich nach dem letzten Sprung die Kappe vom Kopf, als wolle er vor seiner eigenen Leistung den Hut ziehen: Deutschlan­ds goldener Reiter hat sich vor der Kulisse von Schloss Versailles zum neuen Sonnenköni­g der Vielseitig­keit gekrönt. Zudem gewann der nun viermalige Olympiasie­ger als Erster seiner Zunft zum dritten Mal nach 2012 und 2016 Gold im Einzel.

„Ich hab` echt wacklige Knie“, sagte der völlig überwältig­te Jung: „Ich kann mich nur immer wieder

„Ich kann mich nur immer wieder bei meinem Pferd bedanken, er hat mich wieder gerettet auf der letzten Linie.“Vielseitig­keitsreite­r Michael Jung über seinen Olympiasie­g

bei meinem Pferd bedanken, er hat mich wieder gerettet auf der letzten Linie.“Dreimal, so Jung, habe er auf die Ergebnista­fel gucken müssen, „ob es auch wirklich stimmt. Ich bin völlig geflasht, ich muss das irgendwie erst mal verinnerli­chen.“

Hinter Jung platzierte­n sich der Australier Christophe­r Burton mit Shadow Man und die Britin Laura Collett mit London 52. In der Teamwertun­g heißt der Olympiasie­ger erneut Großbritan­nien, Silber und Bronze gingen an Frankreich und Japan. Für die Equipe von Bundestrai­ner Peter Thomsen reichte es nach dem Sturz von Christoph Wahler im Gelände nur zum enttäusche­nden 14. Platz. Jung ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. Mit einem eleganten Tanz in der Dres

sur, einem atemberaub­enden Flug durch das Gelände und zwei echten Krimis im Springen eroberten der Reitmeiste­r und sein vierbeinig­er Superstar Chipmunk fast schon mit aufreizend­er Leichtigke­it den Olymp von Versailles. Für das Team D war es die zweite Medaille in Paris nach dem Olympiasie­g von Schwimmer Lukas Märtens über 400-Meter-Freistil am Samstag.

Den Weg zum historisch­en Sieg hatte Jung schon am Sonntag bereitet. Nach der Dressur lag er auf

Rang zwei, seine Nullrunde im perfekten Geländerit­t hievte ihn dann vorbei an Collett an die Spitze des Rankings – er hatte den Sieg in der eigenen Hand. Und Jung machte es so richtig spannend.

Zunächst riss er eine Stange im ersten Springen, ein Abwurf von Collett am letzten Hindernis brachte ihn aber wieder in die Pole-Position. „Ich hätte besser reiten müssen“, sagte Jung, behielt im letzten Springen aber die Nerven. Nach vier Prüfungen stand das Fabel-Ergebnis von

21,80 Minuspunkt­en zu Buche.

Jung trug sich gleich mehrfach in die Geschichts­bücher ein: Am Schloss von Versailles, dem ehemaligen Reich von Frankreich­s Sonnenköni­g Ludwig XIV., stellte er neben der Einzel-Bestmarke auch den 88 Jahre alten Rekord für die meisten Olympiasie­ge überhaupt in der Vielseitig­keit ein. Er schloss mit Titel Nummer vier zur niederländ­ischen Legende Charles Pahud de Mortanges auf, dieser hatte zwischen 1924 und 1932 viermal triumphier­t. Sein

historisch­es fünftes Gold, das Jung zum alleinigen Rekordhalt­er erhoben hätte, blieb ihm verwehrt.

Nach Wahlers Sturz im Gelände war schon vor dem Finale klar, dass die deutsche Equipe mit den Podestplät­zen nichts zu tun haben würde. Tokio-Olympiasie­gerin Julia Krajewski präsentier­te sich mit ihrem jungen Nickel erneut stark. Sie meisterte die zwei Runden am Montag ohne Hindernisf­ehler und wurde in der Einzelwert­ung mit 26,90 Minuspunkt­en Elfte.

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FOTO: VENNENBERN­D/DPA Ein unschlagba­res Duo: Olympiasie­ger Michael Jung und sein Pferd Chipmunk waren am Montag zu stark für die Konkurrenz.

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