Tote bei Unruhen in französischem Überseegebiet Neukaledonien
(dpa) Seit Tagen sorgen gewalttätige Unruhen im französischen Überseegebiet Neukaledonien für große Beunruhigung in Paris. Nun sind mindestens zwei Menschen in der Nacht zum Mittwoch bei den Krawallen von Unabhängigkeitsbefürwortern ums Leben gekommen, wie örtliche Medien den Hochkommissar des Archipels, Louis Le Franc, zitierten. „Es ist ein Wunder, dass es letzte Nacht nicht noch mehr Opfer gab“, sagte der diplomatische Vertreter und warnte vor einem möglichen Bürgerkrieg in der Inselgruppe im Südpazifik.
Eines der Opfer sei durch eine Kugel getötet worden. Diese stamme aber nicht aus der Waffe eines Polizisten, betonte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin. Er sprach von Angriffen auf Sicherheitskräfte mit Äxten und scharfer Munition. Mehrere hundert Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt. Worum geht es? Die Separatisten sind wütend über eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris, die Tausenden französisch-stämmigen Wählerinnen und Wählern, die seit über zehn Jahren ununterbrochen in Neukaledonien gelebt haben, das Wahlrecht einräumen würde. Sie würden somit mehr politischen Einfluss bekommen – speziell bei wichtigen Provinzwahlen. Bisher waren die Stimmen aller Einwohner, die nicht schon vor 1998 in Neukaledonien lebten, „eingefroren“.
Nach dem Senat hatte in der Nacht zum Mittwoch auch die Nationalversammlung in Paris den umstrittenen Text angenommen. Jetzt muss noch der Congrès du Parlement zustimmen, der für besondere Anlässe im Schloss Versailles einberufen wird. Ein Datum für das Votum steht aber noch nicht fest.
Neukaledonien liegt etwa 1500 Kilometer östlich von Australien und gehört geografisch zu Melanesien.
Die Hauptinsel Grande Terre ist die bei Weitem größte Insel des Archipels. Von 1853 bis 1946 war „Nouvelle-Calédonie“französische Kolonie. Für Paris ist das Territorium vor allem geopolitisch, militärisch und wegen der dortigen Nickelvorkommen von Bedeutung.
Im Rahmen der Dekolonialisierung wurde vereinbart, bis zu drei Volksabstimmungen über die Unabhängigkeit abzuhalten, die 2018, 2020 und 2021 stattfanden. Eine Mehrheit der Bevölkerung sprach sich bei allen drei Befragungen für einen Verbleib bei Frankreich aus. Die Unabhängigkeitsbewegung boykottierte allerdings das letzte Votum und kündigte an, das Ergebnis nicht zu akzeptieren. Vor allem die Bevölkerungsgruppe der Kanaken – Neukaledoniens Ureinwohner, die ihr Land selbst „Kanaky“nennen – hofft schon lange auf einen eigenen Staat.