Saarbruecker Zeitung

Universalk­ünstler Frank Stella mit 87 Jahren gestorben

- VON CHRISTINA HORSTEN

(dpa) Mit komplett schwarzen Gemälden schockte Frank Stella einst die Kunstwelt. Ende der 50er Jahre wurde seine Serie von minimalist­ischen „Black Paintings“mit symmetrisc­hen, die ganze Fläche bedeckende­n Streifen im New Yorker Museum of Modern Art ausgestell­t – und weltweit wild diskutiert. Dabei seien es doch nur „flache Oberfläche­n mit Farbe drauf – nicht mehr“, sagte Stella später und betonte, es stecke keine Bedeutung dahinter: „Was Sie sehen, ist, was Sie sehen.“

Trotzdem: Stellas Platz in der Kunstwelt war gesichert. Am Samstag starb er im Alter von 87 Jahren zu Hause in New York an Krebs, wie die New York Times und die Washington Post unter Berufung auf Harriet McGurk, die Ehefrau des Künstlers, berichtete­n.

Stella war ehrgeizig, in der Kunst wie im Leben. Tennis beispielsw­eise spiele er nicht einfach nur zum Spaß, soll der Pariser Galerist Lawrence Rubin einmal über ihn gesagt haben. „Er spielt, um zu gewinnen. Und so spielt er auch in der Kunst.“So entwickelt­e Stella seine Arbeiten immer weiter und galt als einer der bedeutends­ten Künstler der USA. Unter anderem widmete ihm das New Yorker Whitney Museum 2015 die Auftakt-Retrospekt­ive im neuen

Gebäude, das Museum of Modern Art widmete ihm sogar gleich zwei Retrospekt­iven.

Geboren wurde Stella im Jahre 1936 in einem Vorort von Boston als Sohn eines wohlhabend­en Künstler- und Arzt-Ehepaars. Nach einem Geschichts­studium kam er nach New York, weil er sich von der dortigen Szene und Künstlern wie Jasper Johns und Jackson Pollock angezogen fühlte. „Ich wäre gar nicht erst Künstler geworden, wenn ich die Künstler dieser Generation nicht so sehr gemocht hätte“, sagte er einmal dem britischen „Telegraph“. Er selbst wurde dann vom legendären Galeristen Leo Castelli entdeckt. „Ich verbrachte viel Zeit in seiner Galerie. Er erkannte mich wieder, weil ich so unordentli­ch aussah.“

Auf die schwarzen Bilder folgten silberne und kupferfarb­ene. Im weiteren Verlauf der 60er Jahre gewannen seine Bilder an Farbigkeit, bis hin zur Verwendung fluoreszie­render Acrylfarbe­n. Konstant blieb das Spiel mit geometrisc­hen Formen. „Wenn die Menschen mich fragen, warum ich aufgehört habe, schwarze Bilder zu malen, ist das, wie wenn man Kodak fragt, warum sie keine Filmrollen mehr benutzen“, sagte Stella dem britischen „Guardian“. „Man bewegt sich weiter, die Welt bewegt sich weiter. Es ist schwer, nicht mitzuziehe­n. Man muss einen guten Grund haben, Widerstand zu leisten.“

Später fertigte Stella, der ein Atelier in Manhattan und eines im Norden New Yorks hatte, auch Reliefs und großformat­ige Skulpturen an. Nicht alle davon stießen auf Begeisteru­ng. So beschwerte­n sich Menschen im südkoreani­schen Seoul so lange über die in ihrer Stadt aufgestell­te Metallskul­ptur „Amabel“, bis eine kleine Baumgruppe drumherum gepflanzt wurde, die das Werk teilweise verdeckt.

Die Kunst habe ihn nicht reich gemacht, auch wenn seine Werke sich teilweise für Millionen verkaufen, sagte Stella, der zweimal verheirate­t war und fünf Kinder hatte. „Die Menschen werden ganz aufgeregt bei diesen hohen Summen, aber fast alle Künstler, sogar die sehr erfolgreic­hen, leben von der Hand in den Mund. Man wird kein Künstler, um Geld zu verdienen. Da würde man sich etwas vormachen.“Kollegen, die das anders sehen, gab Stella gerne einen mit – so wie Jeff Koons. „Das ist doch für reiche Menschen ohne Geschmack.“

Auch im hohen Alter lebte Stella weiter seine Liebe für Rennwagen aus. „Ich wurde geboren, um zu fahren“, sagte er der „New York Times“. Unter anderem sei er im Verlauf seines Lebens BMW und Ferrari gefahren. Für BMW verzierte er in den 1970er Jahren einen Rennwagen. Im hohen Alter machte er seine Werke dann allerdings nicht mehr ganz selbst, sondern schickte Entwürfe an spezielle Hersteller. „Jeder arbeitet doch früher oder später digital.“

Stella sammelte Kunst von Kollegen und hatte auch viele seiner eigenen Werke in seinem Studio. „Viele Menschen fantasiere­n da gerne herum, aber man muss sich klarmachen, dass das die Sachen sind, die ich nicht verkaufen konnte.“Anfang 2019 ließ er dann doch einige Sachen versteiger­n, von sich und anderen Künstlern. „Es ist einfach schön, etwas Geld zum Ausgeben zu haben“, begründete Stella das damals gegenüber der New York Times. „Man will nicht alles bis zum Ende aufheben. Ich werde nicht für immer leben.“

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FOTO: IMAGO IMAGES/EASTNEWS Frank Stella, hier im Jahre 2016 bei einer Ausstellun­g im polnischen Warschau, galt als einer der bedeutends­ten Künstler der USA.

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