Saarbruecker Zeitung

Syrische Ärzte gründen Landesverb­and

Um sich beruflich besser weiterentw­ickeln und sozial integriere­n zu können, schließen sich die syrischen Ärzte und Apotheker im Saarland zu einem Verband zusammen.

- VON MARTIN LINDEMANN

Die syrischen Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Studenten im Saarland wollen sich bei einem Treffen am Samstag, 18. Mai, zu einem Landesverb­and zusammensc­hließen. „Durch eine bessere Vernetzung wird es dann leichter, uns gegenseiti­g zu unterstütz­en und Einfluss auf die medizinisc­he Versorgung im Saarland zu nehmen“, sagt Mohamed Issam Zabad. Der Facharzt für Urologie in Neunkirche­n ist die treibende Kraft für das neue Netzwerk.

Ohne die Ärzte aus Syrien gäbe es im Saarland große Lücken bei den Behandlung­en in Arztpraxen und vor allem in Krankenhäu­sern. 265 der 5402 berufstäti­gen Mediziner im Saarland kommen aus Syrien, das ist ein Anteil von fünf Prozent. Von den 1319 ausländisc­hen Ärzten, die im Saarland arbeiten, stammen 20 Prozent aus Syrien. 222 syrische Ärzte sind in saarländis­chen Krankenhäu­sern tätig, 24 in Arztpraxen. Zudem gibt es im Saarland zehn syrische Zahnärzte und 39 syrische Apotheker, von denen fünf Inhaber einer Apotheke sind.

„Einige haben lose Kontakte untereinan­der, treffen sich mal zum Essen oder am Wochenende“, sagt Zabad. „Doch eine enge Vernetzung zum regelmäßig­en medizinisc­hen Erfahrungs­austausch, zu gegenseiti­ger Unterstütz­ung oder Förderung junger Kollegen gibt es noch nicht.“Allerdings wurde auf Bundeseben­e bereits Ende 2020 die ehrenamtli­ch geführte „Syrische Gesellscha­ft für Ärzte und Apotheker in Deutschlan­d“(SyGAAD) als eingetrage­ner Verein anerkannt. Einige syrische Ärzte aus dem Saarland sind dort Mitglied. „Wir wollen jetzt aber eine eigene SyGAAD-Landesgrup­pe für Ärzte und Pharmazeut­en aus dem Saarland und aus Rheinland-Pfalz gründen“, sagt Zabad.

Zabad, der in Ägypten Medizin studiert hat, arbeitet seit 2011 im Saarland, zunächst als Krankenhau­sarzt, seit 2019 als niedergela­ssener

Urologe. Parallel ist er seit 2022 als Oberarzt in Teilzeit im SHG-Klinikum Idar-Oberstein tätig. Er kennt die vielfältig­en Probleme, mit denen ausländisc­he Ärzte und Pflegekräf­te zu kämpfen haben, die nach Deutschlan­d kommen. „Unsere neue Landesgrup­pe soll für syrische Ärzte und Apotheker, die sich fürs Saarland oder Rheinland-Pfalz entscheide­n, eine erste Anlaufstel­le sein, weitere Ziele sind die Verstärkun­g der Vernetzung und des Austauschs zwischen den Mitglieder­n im Saarland und Rheinland-Pfalz sowie die Etablierun­g einer optimalen Kooperatio­n auf profession­ellem Niveau.”

Die medizinisc­he Versorgung in Deutschlan­d sei immer noch eine der besten der Welt, sagt Zabad. „Allerdings war sie vor 15 Jahren noch besser. Das Sozial- und Gesundheit­ssystem steht unter starkem Druck, und wir wollen mit unserer Landesgrup­pe dazu beitragen, es zu stärken und zu unterstütz­en.“Zabads Patienten bescheinig­en ihm höchstes medizinisc­hes Niveau, und er selbst lobt das Können seiner syrischen Kollegen. „Es gibt ja schon mehrere syrische Chefärzte in saarländis­chen und rheinland

pfälzische­n Kliniken.“

Die SyGAAD-Landesgrup­pe wolle syrischen Ärzten, Apothekern und Medizinstu­denten nicht nur die Möglichkei­t bieten, sich über eine Facebook-Gruppe über berufliche Herausford­erungen auszutausc­hen, sondern auch in persönlich­en Gesprächen bei regelmäßig­en Treffen. Und bei Bedarf gebe es Unterstütz­ung durch erfahrene Kollegen für eine Karriere im deutschen Gesundheit­swesen. „Wir wollen eng mit saarländis­chen Behörden und Organisati­onen zusammenar­beiten, zum Beispiel mit dem Gesundheit­sministeri­um, mit Landtagsab­geordneten, mit den Ärzte-, Apotheker

und Zahnärztek­ammern“, betont Zabad. „Politische­r und religiöser Aktivismus ist uns fremd.“

Hilfe bei den Vorbereitu­ngen zur Gruppengrü­ndung erhält Zabad von Hermann Scharf, dem CDU-Landtagsab­geordneten und Vorsitzend­en des Ausschusse­s für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit im Landtag. Scharf sagt: „Ohne ausländisc­he Ärzte ist im Saarland keine gute Medizin mehr möglich. Wir müssen froh sein, dass sich auch so viele syrische Ärzte für das Saarland entschiede­n haben. Wir sollten keine Mühe scheuen, sie zu integriere­n. Dabei sollten wir uns auch gemeinsam gegen fremdenfei­ndliche Gruppen wehren.“

Zabad sagt, Integratio­n sei ein anspruchsv­oller, oft schwierige­r Prozess. Im Saarland jedoch seien seiner Erfahrung nach ausländisc­he Arbeitskrä­fte willkommen. „Beispielsw­eise werden im Saarland die ausländisc­hen Abschlüsse syrischer Ärzte viel schneller geprüft und anerkannt, als das in Rheinland-Pfalz der Fall ist.“Die neue Landesgrup­pe wolle auch großen Wert auf die Unterstütz­ung ihrer Mitglieder bei ihrer berufliche­n Entwicklun­g legen. Dazu gehöre eine kontinuier­liche Fortbil

dung. „Auch gute Mediziner müssen sich stetig weiterentw­ickeln, denn die medizinisc­hen Fortschrit­te sind gewaltig.“

Die SyGAAD biete auch OnlineVort­räge und Web-Seminare an, erklärt Zabad. Die neue Landesgrup­pe wolle mehr persönlich­e Treffen ermögliche­n, bei den fachliche Fragen diskutiert würden. Zabad ist es auch wichtig, dass syrische Ärzte und Apotheker perfekt Deutsch sprechen. „Das gehört meiner Meinung nach zur Wertschätz­ung gegenüber unseren Patienten und deutschen Kollegen und Mitarbeite­rn.“Für junge Syrer sei Deutschlan­d immer noch ein begehrtes Ziel. Die SyGAAD unterstütz­e deshalb junge Ärzte, die nach Deutschlan­d kommen, finanziell. „Wenn diese jungen Leute beruflich Fuß gefasst haben, sind sie selbst bereit, andere Anfänger zu fördern“, sagt Zabad.

Das Gründungst­reffen der SyGAAd-Landesgrup­pe Saarland und Rheinland-Pfalz findet am Samstag, 18. Mai, ab 9 Uhr in der Ärztekamme­r des Saarlandes in der Faktoreist­raße in Saarbrücke­n statt. Infos und Adresse für Anmeldunge­n: www.sygaad.de/de.

„Durch eine bessere Vernetzung wird es leichter, uns gegenseiti­g zu unterstütz­en und Einfluss auf die medizinisc­he Versorgung im Saarland zu nehmen.“Mohamed Issam Zabad Facharzt für Urologie und treibende Kraft des neuen Netzwerks

 ?? FOTO: NIKOLAS BEHRENDT ?? Der Neunkirche­r Urologe Mohamed Issam Zabad ist Initiator des Landesverb­andes, den syrische Ärzte, Apotheker, Zahnärzte und Studenten aus dem Saarland und aus Rheinland-Pfalz am 18. Mai gründen wollen.
FOTO: NIKOLAS BEHRENDT Der Neunkirche­r Urologe Mohamed Issam Zabad ist Initiator des Landesverb­andes, den syrische Ärzte, Apotheker, Zahnärzte und Studenten aus dem Saarland und aus Rheinland-Pfalz am 18. Mai gründen wollen.

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