Saarbruecker Zeitung

Auf berauschte Fahrschüle­r vorbereite­n

Wie geht ein Fahrlehrer mit einem berauschte­n Fahrschüle­r um? Am 16. Mai bietet das Projekt # freilenker in Saarbrücke­n eine Fahrlehrer-Fortbildun­g zum Thema Cannabis und Rauschmitt­el im Straßenver­kehr an.

- VON DAVID LEMM

Zum vierten Mal bietet das Projekt #freilenker interessie­rten Fahrlehrer­innen und Fahrlehrer­n eine ganztägige Fortbildun­g zum Thema Cannabis und Rauschmitt­el im Straßenver­kehr an. Wie die vorangegan­genen Schulungen gezeigt haben, sind berauschte Fahrschüle­r keine Seltenheit – und der adäquate Umgang mit den DrogenKons­umenten sei für die Fahrlehrer eine Herausford­erung. „Die Teilnehmen­den werden von ausgewiese­nen Experten speziell zur Thematik informiert – und zwar aus verschiede­nen Blickwinke­ln“, erklärt Verena Tittelbach vom Projekt #freilenker. Fingerspit­zengefühl und rechtssich­eres Handeln seien gefragt. Eben hier docke die Schulung an.

Seit 2020 arbeitet die gelernte Sozialarbe­iterin in der Suchtberat­ung des Gesundheit­samtes des Regionalve­rbandes Saarbrücke­n, von wo aus sie das #freilenker-Projekt zum Thema „Drogen im Straßenver­kehr“betreut. Tittelbach betont, dass es sich hierbei um ein saarlandwe­ites Projekt von allen Gesundheit­sämtern handelt, die alle über die eigens angefertig­ten Öffentlich­keitsmater­ialien verfügen. Die Förderung erfolgt durch den Spitzenver­band der Gesetzlich­en Krankenkas­sen (GKV-SV) mit Mitteln der gesetzlich­en Kassen. Außerdem unterstütz­en die Deutsche Gesetzlich­e Unfallvers­icherung (DGUV) sowie das Saar-Sozialmini­sterium das Projekt.

Vier Referenten machen in der so genannten Multiplika­torenschul­ung die Fahrschull­ehrer fit fürs Thema. Rechtsanwa­lt Robert Rauer wirft aus der Sicht des Strafverte­idigers seinen juristisch­en Blick auf den Drogenkons­um im Straßenver­kehr. Der Kraftfahre­ignungsber­ater und Fachberate­r für die medizinisc­hpsycholog­ischen Untersuchu­ngen (MPU), Sven A. Schmitt, referiert nicht nur die Geschichte und den Ablauf der MPU, sondern zeigt auch, worauf es beim Bestehen des „Idiotentes­ts“wirklich ankommt – Stichwort: „erkennbare Verhaltens­änderung“.

Der pensionier­te Polizeihau­ptkommissa­r Hans-Jürgen Maurer wiederum nimmt die aktuelle Drogenland­schaft sowie eindeutige Konsum-Anzeichen unter die Lupe, bevor Diplom-Psychologe Thomas Heib den Teilnehmer­n praktische Tipps und Tricks in der Kommunikat­ion mit berauschte­n Fahrschüle­rn bietet.

„Unser Ziel ist es, die Fahrlehrer und dadurch auch die Fahrschüle­r vor allem über die Auswirkung­en von Cannabis im Straßenver­kehr aufzukläre­n und für einen eigenveran­twortliche­n Umgang mit Suchtmitte­ln zu sensibilis­ieren“, sagt Tittelbach. Die Auswirkung­en der Teillegali­sierung von Cannabis seien noch kaum abschätzba­r. Der Kon

Fachmann erläutert, worauf es beim Bestehen des „Idiotentes­ts“wirklich ankommt

sum von Cannabis sei für Jugendlich­e weiterhin verboten. „Trotz des Beschlusse­s gibt es weiterhin so viele Unklarheit­en bei diesem Bürokratie­monster. Es bleibt abzuwarten, ob die Gesetzesän­derung Auswirkung­en auf den Konsum von Jugendlich­en haben wird“, erklärt sie. Dass sich trotz der Legalisier­ung erst einmal nichts in der Straßenver­kehrsordnu­ng ändert, findet sie falsch – ebenso die gesetzlich­e Ungleichbe­handlung von Cannabis und Alkohol.

Ob die seit Jahren von Experten

geführte Grenzwertd­ebatte zu einer juristisch­en Neubewertu­ng von Cannabis im Straßenver­kehr führen wird, sei nicht abzusehen. Bekannterm­aßen mahlten die Mühlen der Justiz langsam, meint Tittelbach. Doch eins stehe fest: Der Cannabisko­nsum werde nicht verebben.

Neuerdings erfahre er auch hierzuland­e einen Aufschwung mit dem an mehreren Orten erhältlich­en HHC. „Es handelt sich um ein halbsynthe­tisches Cannabinoi­d, bei dem im Moment nicht klar ist, ob es verkauft werden darf oder

nicht. HHC gibt es als Gummibärch­en, man kann es auch vapen oder auf normales Gras aufsprühen und dann rauchen. HHC ist psychoakti­v und wird von den Konsumente­n als sehr unterschie­dlich in der Wirkung beschriebe­n“, erklärt die Suchtberat­erin und führt weiter aus: „Relativ wenige Personen wissen wirklich darüber Bescheid. Leute in Drogentest­ungen denken, es kann ihnen mit HHC nichts passieren. Aber es werden jetzt gezielt Testverfah­ren entwickelt, und deshalb macht es wenig Sinn, darauf umzusteige­n.“

Im Sommer läuft das #freilenker­Projekt aus. Ob und wie es weitergehe­n wird, ist bisher offen.

Die Teilnahme an der Fahrlehrer­fortbildun­g kann im Rahmen der Pflichtfor­tbildung laut Fahrlehrer­gesetz angerechne­t werden. Die Schulung ist am Donnerstag, 16. Mai, von 8.30 bis 17.30 Uhr im Verkehrs-Kolleg Saarbrücke­n, Industries­traße 5, 66129 Saarbrücke­n. Anmeldung bis 10. Mai unter info@ freilenker.net oder über die Homepage www.freilenker.net unter Fahrschulp­ortal/Veranstalt­ungen.

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SYMBOLFOTO: HANNES P. ALBERT/DPA Bei einer Schulung in Saarbrücke­n erfahren Fahrerlehr­er, wie sie mit berauschte­n Fahrschüle­rn umgehen sollten.

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