Wohnraum für Wohnungslose ist Mangelware
Die Sozialverbände und die Stadtverwaltung Saarbrücken suchen verzweifelt nach Wohnraum für Menschen, die derzeit auf den Straßen leben. Es gibt aber bereits kleine Lichtblicke zu vermelden.
Der Verlust der Arbeitsstelle, Mietschulden, aber auch familiäre Brüche, das Ende einer Partnerschaft oder Erkrankungen, welche die Persönlichkeit verändern – die Gründe, dass Menschen ihre Wohnung verlieren, sind vielfältig. Am Saarbrücker Ludwigsplatz kümmert sich Ulla Muno in der evangelischen Herberge zur Heimat um 25 Männer mit einem solchen Schicksal. Die Leiterin der seit 146 Jahren bestehenden Herberge der Diakonie hat ein Ziel: „Wir wollen den Männern ein menschenwürdiges Leben ermöglichen.“
Der Weg dorthin führt zuerst über selbstbestimmtes Wohnen – und genau da ist die Lage prekär: „Wenn wir bei der Wohnungssuche die Schwierigkeiten auf einer Skala von eins bis zehn einordnen sollten, wären wir bei elf“, beklagt Ulla Muno. Denn Wohnungen zu finden, sei unfassbar schwierig. Obwohl die Diakonie die Menschen begleite, gebe es so gut wie keine Angebote, sagt Ulla Muno, die seit 20 Jahren obdachlose Männer begleitet.
Die Herberge zur Heimat ist eine der möglichen Stationen, um eine Notfallunterkunft zu finden. Unmittelbar neben der Ludwigskirche ist die Herberge in einem historischen Barockbau untergebracht. Die Bewohner fallen kaum auf. „Das ist der Würde des Platzes geschuldet. Wir könnten nicht besser wohnen“, sagt die Herbergsleiterin, „wir bieten den Männern hier einen Raum zum Ankommen. Vor allem können die Männer die eigenen Ressourcen wiederentdecken. So sind unsere Gäste für die Säuberung ihres Zimmers selbst verantwortlich, werden aber je nach Unterstützungsbedarf angeleitet.“24 Monate darf der Aufenthalt dauern, dann muss spätestens eine neue Bleibe gefunden sein.
Doch genau da beginnen die Probleme. „Die Diakonie hat Übergangswohnraum und wir haben Vermieter, die uns ganz gezielt unterstützen, weil sie sozial eingestellt sind“, berichtet Muno. Aber Wohnungen seien dennoch Mangelware. Man brauche dringend Angebote. „Jeder Mensch kann in besondere Lebenslagen geraten. Es gibt nicht den einen Wohnungslosen, der alle Klischees bedient. Wieder Fuß fassen zu können, Teil der Gesellschaft werden zu können, ist der Wunsch der meisten unserer Gäste. Eine Wohnung kann einem Menschen die Chance auf ein neues Leben bieten. Wir appellieren an Vermieter, sich bei uns zu melden“, sagt Muno. (Herberge zur Heimat Telefon (06 81) 5 28 01, E-Mail Herberge-zur-Heimat@dwsaar.de).
Das Wohnungsproblem kennt man auch bei der Stadt: „Die Landeshauptstadt Saarbrücken hat die Aufgabe, Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht beziehungsweise. bereits obdachlos sind, mit Wohnraum zu versorgen. Auch für die Verwaltung ist es schwer, Wohnraum zu akquirieren. In einzelnen Fällen gelingt es uns, Mietverträge, die wir mit den Vermieterinnen und Vermietern geschlossen haben, auf die Nutzerinnen und Nutzer übergehen zu lassen. Hier finden wir insbesondere Unterstützung bei unserer Saarbrücker Siedlungsgesellschaft“, sagt Daniel Schumann, Sprecher der Stadtverwaltung. Lobenswert sei die gute Vernetzung der am Thema Obdachlosigkeit zusammenwirkenden Organisationen. Auch Ulla Muno bestätigt diesen Aspekt: „Zum Glück
sind wir im Saarland, wo man letztlich einen kennt, der einen kennt… Das hilft uns oft weiter, wenn uns gar nichts mehr einfällt.“Auch das Projekt „Housing First“(„Wohnung zuerst“) des Diakonischen Werkes Saarland ermögliche es betroffenen Personen, wieder eigenen Wohnraum auf Dauer und damit wieder Stabilität für ihre persönliche Situation zu gewinnen.
„Dies begrüßen wir“, sagt Muno. „Bei „Housing First“erhalten wohnungslose Männer und Frauen eine eigene Wohnung mit eigenem Mietvertrag, unbefristet und ohne Bedingungen. Dahinter steckt die Erfahrung, dass die Menschen erst dann, wenn die Wohnungslosigkeit beendet ist, auch ihre weiteren Bedarfe angehen können“, erklärt Projektmitarbeiter Achim Ickler den Hilfeansatz. Dazu biete die Diakonie den Betroffenen ein individuelles Unterstützungsangebot an. „Für Vermieter sind wir Ansprechpartner in allen Fragen rund um das Wohnverhältnis“, betont Ickler. Seit Projektbeginn hätten 39 Menschen in eine eigene Wohnung ziehen können. Alle
hätten zuvor auf der Straße gelebt. Manche kamen demnach aus der Haft oder waren in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe untergebracht. „Über 90 Prozent von ihnen leben bis heute in einem stabilen Mietverhältnis“, erklärt Ickler. Aber es würden weitere Wohnungen gesucht. Achim Ickler ( Telefon (01 72) 4 58 03 18) bittet Vermieter um Kontaktaufnahme, wenn sie Wohnraum für Einzelpersonen für bis zu 500 Euro Warmmiete anbieten könnten.
Der katholische Caritasverband für Saarbrücken und Umgebung berichtet ebenfalls von einer angespannten Lage für die Wohnungslosen. „Das war schon vor einiger Zeit so, aber in den letzten Monaten hat sich die Situation zugespitzt“, sagt Carmelita Kimmig vom Caritasverband. Bei einer sozialen Wiedereingliederung von Bewohnern könne das Bruder-Konrad-Haus auf sein eigenes ambulantes betreutes Wohnen zurückgreifen. Zwischen fünf und sechs Plätze stünden für frühere Bewohner des Übergangsheims Bruder-Konrad-Haus zur Verfügung. „Damit können wir auch erstmal ein
„Wenn wir bei der Wohnungssuche die Schwierigkeiten auf einer Skala von eins bis zehn einordnen sollten, wären wir bei elf.“Ulla Muno Leiterin der Herberge zur Heimat
Angebot für die Bewohner liefern, die gegenüber Vermietern oftmals mit Vorbehalten kämpfen müssen“, erklärt Caritasdirektor Michael Schley.
Darüber hinaus würden klassische Wege über Kleinanzeigen, Websites und Ähnliches genutzt, um an Wohnraum zu kommen. Manche Anzeigen müssten allerdings direkt aussortiert werden, da unmissverständlich mitgeteilt werde, dass Bürgergeldbezieher oder Sozialhilfeempfänger unerwünscht sind, sagt Schley. Und
leider gebe es auch eine Handvoll Vermieter, die mit der ( Wohnungs-) Not von Menschen Geld machten. So habe es auch schon Fälle gegeben, bei denen ein Wohnraum mehreren Menschen vermietet worden sei, oder die hygienischen Bedingungen unzumutbar gewesen seien, so der Caritasdirektor.
Aber glücklicherweise gebe es auch Positivbeispiele von Menschen, die ihr leer stehendes Haus oder eine Wohnung anböten und helfen wollten.