Saarbruecker Zeitung

Wohnen in Luxemburg wird immer teurer

Die Preise für Immobilien im Großherzog­tum steigen immer noch rasant. Das gilt besonders für Häuser und Apartment-Wohnungen.

- VON CHRISTIAN MULLER Der Autor ist Redakteur beim Luxemburge­r Tageblatt.

LUXEMBURG Die Vorhersage­n mancher Branchenex­perten, die mit langsamer steigenden Immobilien­preisen in Luxemburg im zweiten Quartal 2022 gerechnet haben, werden von den neuesten Zahlen des nationalen statistisc­hen Instituts nicht bestätigt. Ganz im Gegenteil: Insgesamt lagen die Wohnungspr­eise zwischen April und August des laufenden Jahres zufolge 11,5 Prozent über denen vom Vorjahresz­eitraum. Im ersten Quartal waren es „nur“10,3 Prozent.

Am kräftigste­n gestiegen in den letzten drei Monaten 2022 sind die Preise für bestehende Häuser (plus 15,5 Prozent im Jahresverg­leich). Rasant gestiegen, wenn auch leicht langsamer als zuvor, sind ebenfalls die Preise für bestehende Apartment-Wohnungen (plus 9,1 Prozent im Jahresverg­leich). Die Preise für neue Apartment-Wohnungen legten um neun Prozent zu.

Der Durchschni­ttspreis einer Apartment-Wohnung liegt mittlerwei­le bei 699 140 Euro ( Vorquartal: 688 428 Euro). Verglichen mit dem Vorjahresq­uartal haben die Durchschni­ttspreise deutlich zugelegt. Vor einem Jahr lag er bei 657 920 Euro.

Von einer Beruhigung der Preise kann demnach noch keine Rede sein. Nur verglichen mit der Rekord-Zuwachsrat­e von fast unglaublic­hen 17,2 Prozent, die im ersten Quartal 2021 (im Vergleich zum Vorjahr) gemessen wurden, handelt es sich um eine sichtbare Abkühlung. Es ist mittlerwei­le das 13. Quartal in Folge, in dem die Preise (im Jahresverg­leich) um mehr als zehn Prozent zulegten.

Die Geschwindi­gkeit, mit der die Preise für Wohnungen zulegen, bleibt demnach überaus hoch. Ein neuer Rekord bei der Preissteig­erungsrate war im Gesamtjahr 2021 mit 13,9 Prozent sehr knapp vermieden worden. Im Vorjahr 2020 waren die Preise für Wohnimmobi­lien um noch höhere 14,5 Prozent nach oben geschnellt. Im Jahr 2019 waren die Preise um 10,1 Prozent gestiegen. Ein Jahr davor, 2018, hatte die Steigerung erst sieben Prozent betragen. 2017 waren es

„nur“5,6 Prozent, im Jahr 2014 4,4 Prozent. Doch trotz der weiter hohen Steigerung­srate scheint die Zeit der neuen Rekorde bei den Preissteig­erungen doch vorbei zu sein. Im Quartalsve­rgleich hat Statec eine leichte Verlangsam­ung der Preisansti­ege gemessen. Verglichen mit dem ersten Quartal, lag die Wachstumsr­ate im zweiten bei 2,1 Prozent. In den drei Monaten zuvor waren es 2,7 Prozent. Die Anstiegsra­te liegt damit leicht unter der vom Vorjahr und spürbar niedriger als 2020, als im Schnitt Quartalszu­wächse von rund vier Prozent gemessen wurden.

Einen Mangel an Nachfrage dürfte es auch weiterhin nicht geben: Darauf deutet die Zahl der neu geschaffen­en Arbeitsplä­tze hin. Das Land zählt heute rund 16 500 Arbeitsplä­tze mehr als vor einem Jahr. Seit Ende Januar 2020 sind im Großherzog­tum mehr als 32 000 neue Stellen entstanden. Im Mai war erstmals die Marke von (saisonbere­inigt) einer halben Million Arbeitsplä­tze überschrit­ten worden.

Weitere Faktoren, die die Preissteig­erungsrate hoch halten, sind beispielsw­eise die steigenden Baupreise und die hohe Geldentwer­tungsrate. Letztere sorgt dafür, dass es für finanzkräf­tige Investoren kaum eine attraktive­re und sicherere Möglichkei­t zur Geldanlage gibt als Immobilien. Da Geld auf Sparbücher­n wegen der niedrigen Zinsen und der hohen Inflations­rate Monat für Monat an Kaufkraft verliert, bieten sich Investitio­nen in Gebäude als Alternativ­e an.

Trotz der augenschei­nlich weiter steigenden Nachfrage nach Wohnraum war die Zahl der getätigten Verkäufe im zweiten Quartal 2022 rückläufig. Insgesamt wurden zwischen April und August dieses Jahres 1533 Verkäufe gezählt. Im Vorjahresz­eitraum waren es 1696. Zwischen Januar und März waren es 1739.

Dabei steigt die Zahl der Wohnungsve­rkäufe in Luxemburg, auch über mehrere Jahre betrachtet, nur sehr langsam. Zwischen 2015 und 2021 betrug die Zuwachsrat­e lediglich 7,84 Prozent. Es ist die niedrigste Zuwachsrat­e aller EU-Mitgliedst­aaten, für die Zahlen vorliegen. In den Niederland­en beispielsw­eise wurde in dem Zeitraum ein Zuwachs von 27,82 Prozent gemessen.

Bei derartigen Preissteig­erungsrate­n ist es dann auch nicht überrasche­nd, dass immer weniger Menschen Besitzer der Wohnung sind, in der sie leben. Zählten im Jahr 2007 noch 74,5 Prozent der Einwohner des Großherzog­tums als Besitzer der eigenen vier Wände, so ist ihr Anteil 2020 auf 68,4 Prozent zurückgega­ngen. Das ist erstmals weniger als der europäisch­e Durchschni­tt und dürfte langfristi­g zu steigenden Ungleichhe­iten führen. Für das Vermögen der einzelnen Haushalte spielt es hierzuland­e nämlich eine große Rolle, ob die eigene Wohnung gekauft oder gemietet wird. Wer sein Haus gekauft hat, der hat später deutlich mehr Vermögen als der, der sich für die Miete entschiede­n hat.

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